Mehr Tiere, höhere Kosten Tierheimen droht der finanzielle Kollaps

Düsseldorf · Weil immer mehr Tiere abgegeben werden und diese außerdem länger bleiben, stehen viele Tierheime vor finanziellen Problemen. Jedem zweiten droht gar die Insolvenz. Der Tierschutzbund wirft den Städten vor, die Einrichtungen finanziell zu wenig zu unterstützen.

Düsseldorfs Tierheim-Leiter Frank Gassmann mit Dackel Gundi.

Düsseldorfs Tierheim-Leiter Frank Gassmann mit Dackel Gundi.

Foto: Bretz, Andreas

Ein Hund kostet etwa 25 Euro am Tag, eine Katze liegt bei zehn bis zwölf Euro. Mit diesen Beträgen kalkuliert das Düsseldorfer Tierheim, wenn es um Pflege, Unterbringung und Futter geht. "Hinzu kommen die Kosten für den Tierarzt", sagt Frank Gassmann, Leiter des Tierheims. Bei bis zu 600 Kleintieren, die er und seine Mitarbeiter aufnehmen können, sind die finanziellen Mittel, die jährlich dafür aufgebracht werden müssen, alles andere als gering: "2015 lagen unsere Kosten bei fast zwei Millionen Euro", sagt Gassmann.

Auch die meisten unter den 78 Tierheimen in Nordrhein-Westfalen müssen enorme Kosten aufbringen, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Fast jede zweite Einrichtung steht mittlerweile schon vor der Insolvenz. Gründe sind vor allem zurückgehende Spendenbereitschaft und mangelnde Unterstützung der Kommunen. Während die Einnahmen zurückgehen, steigt jedoch gleichzeitig die Zahl der Tiere, die abgegeben werden. Immer wieder gibt es Aufnahmestopps - in diesem Sommer zum Beispiel in Velbert. Außerdem erhöht sich die Aufenthaltsdauer der Tiere in den Heimen, was zu weiteren Mehrkosten führt. "Die Unterbringung eines Hundes kostet im Landesdurchschnitt pro Woche rund 150 Euro, die einer Katze etwa 70 Euro", erklärt Marius Tünte, Sprecher des Deutschen Tierschutzbundes. Die jährlichen Kosten eines Heims belaufen sich auf rund 800.000 Euro.

Der Verband fordert die Städte deshalb auf, endlich Verantwortung zu übernehmen und den Tierheimen mehr Geld zukommen zu lassen. Am 26. September wird es wegen der angespannten Situation einen Runden Tisch mit den kommunalen Spitzenverbänden und Vertretern des Tierschutzes in Berlin geben, zu dem der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt (CSU), eingeladen hat. Teilnehmen wird auch der Deutsche Städtetag. "Wir schätzen das Engagement der Tierschutzverbände für den Tierschutz ebenso wie die Leistungen der Tierheime", sagte ein Verbandssprecher.

Das Düsseldorfer Tierheim will nicht auf die Ergebnisse der Gespräche warten. Der Betreiber, der Tierschutzverein Düsseldorf, hat den Vertrag mit der Stadt gekündigt. Auch andere Tierheime - etwa in Krefeld, Remscheid und Moers - sind in der Vergangenheit diesen Schritt gegangen, um andere Modalitäten auszuhandeln. "Die Zahlungen entsprachen nicht den Leistungen", so erklärt Düsseldorfs Leiter Gassmann den Schritt. Konkret bedeutet das: 350.000 Euro habe die Stadt jährlich gezahlt, die Kosten seien aber im Schnitt dreimal so hoch gewesen. Auch als das 1949 erbaute Tierheim im Stadtteil Rath 2008 wegen neuer Auflagen den Hundebau vergrößern musste, hätte man die Kosten von 3,5 Millionen Euro allein stemmen müssen. "Zum Glück hatten wir zwei gute Erbschaften", sagt der Tierheimleiter.

So viel Glück haben die meisten Tierheime nicht. Aber die Kommunen geben den Heimen bislang nur für die abgegebenen Fundtiere einen bestimmten Betrag, der von Stadt zu Stadt jedoch stark variieren kann. Köln zahlt zum Beispiel für eine abgegebene Katze eine Pauschale von 100 Euro, für einen Hund 200 Euro. Bei einem Hund ist das Geld dann nach zehn Tagen aufgebraucht - und das Tierheim muss sehen, wie es die weitere Finanzierung zustande bekommt. "Dadurch wird von den Kommunen durchschnittlich nur etwa ein Viertel der tatsächlichen Aufwendungen für Fundtiere abgedeckt", so ein Sprecher des Tierschutzbundes. Die meisten Kommunen weigern sich aber bislang, den Tierheimen mehr Geld zu erstatten, geschweige denn für die Tiere aufzukommen, die keine Fundtiere sind - dabei steigt deren Zahl besonders durch streunende Katzen dramatisch.

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Eine Referentin für Ordnungsrecht beim Städte- und Gemeindebund betonte, dass Fundtiere nur Tiere seien, die tatsächlich verloren gegangen seien. Ausgesetzte und herrenlose Tiere wie streunende Katzen fielen demnach nicht darunter. Dem Verband zufolge sei die Frage, was ein Fundtier ist und was nicht, gesetzlich nicht genau geregelt, sondern eine rechtliche Grauzone. Das Land NRW erklärt, dass es da nicht viel machen könnte, weil die Tierheime im kommunalen Verantwortungsbereich liegen.

In Düsseldorf schickt das Tierheim der Stadt für jedes gefundene Tier eine Rechnung, wenn der Besitzer es zurückbekommt, die entstandenen Kosten aber nicht übernehmen will. "Dann holt sich die Stadt das Geld von ihm zurück", erklärt Gassmann. Für abgegebene Tiere ist die Einrichtung selber verantwortlich und bestreitet diese Kosten aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Erbschaften.

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