Ein Stück Düsseldorfer Wirtschaftsgeschichte stirbt Vallourec-Werke schließen – 2400 Jobs vor dem Aus

Düsseldorf · Der französische Konzern Vallourec schließt die traditionsreichen Werke in Düsseldorf und Mülheim. Allein in Düsseldorf verlieren 1650 Menschen ihre Arbeit. Oberbürgermeister Keller ist entsetzt.

In Nordrhein-Westfalen stirbt ein Stück Wirtschaftsgeschichte: Der französische Stahlrohrkonzern Vallourec will seine beiden traditionsreichen Werke in Düsseldorf und Mülheim an der Ruhr schließen. Betroffen seien insgesamt rund 2400 Beschäftigte, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die Produktion soll Ende 2023 eingestellt werden. Die beiden Standorte gehörten früher zur Mannesmannröhren-Werke AG.

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Mannesmann-Vallourec - Ein Kapitel rheinischer Geschichte

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Vallourec hatte seit November versucht, die beiden Werke zu verkaufen. Keines der vorgelegten Angebote habe jedoch eine nachhaltige Zukunftssicherung der Produktionsstandorte erkennen lassen, so das Unternehmen. Vallourec Deutschland stellt nahtlose Stahlrohre für den Öl- und Gasmarkt sowie Produkte für den Maschinen- und Stahlbau her. Die Produktion nahtloser Stahlrohre in Deutschland sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr darstellbar, erklärte Vorstandschef Philippe Guillemot. Vallourec Deutschland habe seit sieben Jahren hohe Verluste geschrieben. Ursache dafür seien Überkapazitäten in der Branche, sinkende Margen, aber auch externe Schocks wie Strafzölle aus China, die Corona-Krise sowie der von Russland begonnene Krieg in der Ukraine mit dramatischen Auswirkungen auf Material- und Energiepreise.

Vallourec will jetzt Gespräche mit den Betriebsräten und der IG Metall über einen Sozialplan beginnen. „Wir sind daran interessiert, dass für die Menschen, mit denen wir so lange zusammengearbeitet haben, eine faire und anständige Lösung gefunden wird“, sagte Guillemot. „Wir bemühen uns, die Auswirkungen so stark abzumildern wie angesichts der Gesamtsituation möglich.“

Der Franzose rechtfertigte die Schließungen in Deutschland auch mit den Belastungen für den Konzern: „Eine Vallourec Deutschland, die in den letzten sieben Jahren und auch aktuell signifikante Verluste erwirtschaftet, kann im schlimmsten Fall mittelfristig die Weiterexistenz der gesamten Vallourec-Gruppe gefährden.“

Die Stadt Düsseldorf reagierte entsetzt. „Die Entscheidung aus der Pariser Konzernzentrale macht uns tief betroffen. Wir denken in diesen Stunden an die vielen Mitarbeiter“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU). „Diese Entscheidung stellt für die Menschen und für die Stadt als Industriestandort eine Zäsur dar. Wir werden weiterhin mit Vallourec im engen Austausch stehen und nach Kräften das Unternehmen, besonders aber die betroffenen Arbeitnehmer, auf diesem schwierigen Weg begleiten.“

Die Werke sind seit über hundert Jahren Teil der rheinischen Wirtschaftsgeschichte: Im Jahr 1899 begannen die Brüder Mannesmann mit der Herstellung nahtloser Stahlrohre in Düsseldorf. Das war damals eine technische Revolution, waren diese doch viel haltbarer als geschweißte Rohre und konnten zudem großindustriell hergestellt werden. 1997 ging der französische Konzern Vallourec ein Joint Venture mit der Mannesmannröhren-Werke AG ein. Nach der feindlichen Übernahme von Mannesmann durch Vodafone im Jahr 2000 gingen die Röhrenwerke an den Stahlkonzern Salzgitter, der wiederum später das Geschäft an Vallourec verkaufte.

Das Unternehmen hatte ein Werk in Düsseldorf-Rath, wo aktuell 1650 Mitarbeiter beschäftigt sind. Ein zweites Werk am Standort Düsseldorf-Reisholz wurde bereits 2020 nach heftigen Protesten geschlossen und hinterließ große Ödnis.

Mit Material von dpa

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