Zorn über Nullrunden NRW-Richter drohen Hannelore Kraft mit Klage

Düsseldorf · Aufgebrachte Juristen werfen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Finanzminister Norbert Walter-Borjans wegen der drohenden Nullrunde Wortbruch vor. Ein Fall für das Verfassungsgericht?

Richter und Staatsanwälte demonstrieren in Düsseldorf
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Richter und Staatsanwälte demonstrieren in Düsseldorf

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Über 1000 Richter und Staatsanwälte haben in Düsseldorf gegen die von Rot-Grün geplanten beiden Nullrunden für besserverdienende Landesbedienstete protestiert. Ihr Zorn richtete sich vor allem gegen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Finanzminister Norbert Walter-Borjans (beide SPD). Sie hätten vor der Landtagswahl 2012 zugesagt, dass keine Einschnitte bei den Beamten geplant seien. Dennoch sollen in diesem und im nächsten Jahr Gehaltsempfänger ab Besoldungsgruppe A 13 (ab 3234 Euro Grundgehalt brutto im Monat) sowie Richter und Staatsanwälte leer ausgehen.

Wenn der entsprechende Gesetzentwurf der Landesregierung, der morgen in den Landtag kommt, mit den Stimmen von SPD und Grünen durchgehe, werde man gegen die Regierung Kraft Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben, sagte der Landesvorsitzende des Deutschen Richterbundes (DRB), Reiner Lindemann. Seine Organisation sei durchaus zu einem Solidarbeitrag bereit. Aber das setze voraus, dass man "mit uns darüber spricht". Die bessere Lösung sei eine Gehaltserhöhung, die zwar unter dem Tarifergebnis bleibe, dafür aber allen zugutekomme. Die geplante Lösung sei dagegen "ungerecht, unsolidarisch und schäbig".

Lindemann wirft Kraft "Wortbruch" vor

Auf der Demonstration warf Lindemann der Regierung Kraft "Wortbruch" vor, der das Vertrauensverhältnis zwischen Land und Bediensteten schwer erschüttert habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass die höher eingestuften Tarifbeschäftigten in den Genuss der Gehaltserhöhungen kommen werden (in diesem Jahr plus 2,65 und 2014 plus 2,95 Prozent), nicht dagegen die beamteten Kollegen sowie die Richter und Staatsanwälte, die offenbar als "Sparschwein der Landesregierung" herhalten sollten.

Lindemann droht damit, dass die Richter und Staatsanwälte künftig keine freiwilligen Überstunden mehr leisten und stattdessen versuchen könnten, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Die Richter in NRW seien 2012 zu 112 Prozent ausgelastet gewesen, Richter an Amtsgerichten sogar zu 118 Prozent. Lindemann: "Wir haben eine Sechs-Tage-Woche, werden aber nur für 41 Stunden bezahlt." Hinzu komme eine im europäischen Vergleich dürftige Besoldung. So verdiene ein 27-jähriger unverheirateter Richter gerade einmal 11,20 Euro pro Stunde. Den Hinweis der Landesregierung auf die ab 2020 zu beachtende Schuldenbremse lässt der DRB nicht gelten. "So nicht, Frau Kraft. Die Schuldenbremse gab es auch damals schon."

"Mit dem Gehalt sinkt die Moral"

Der stellvertretende DRB-Bundesvorsitzende Jens Gnisa fragte, was NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) daran hindere, "sich einmal auf die Seite seiner Richter und Staatsanwälte zu stellen". Die würden von der Regierung "wie lästige Fliegen" behandelt, wenn sie Kraft und den Finanzminister an deren Zusagen erinnerten.

Die Demonstranten hielten Plakate hoch mit Aufschriften wie "Kraftvoll gelogen", "Justiz wird kaputtgespart" und "Mit dem Gehalt sinkt die Moral". In Sprechchören wurde die Regierungschefin als "Lügen-Hanni" beschimpft. Eine "Alimentation nach Kassenlage" sei verfassungswidrig, rief Richterbunds-Chef Lindemann und appellierte an die Parteien im Landtag: "Machen Sie diesen Verfassungsverstoß nicht mit." Er schloss nicht aus, dass das Thema Beamtenbesoldung letztlich ein Fall für den Verfassungsgerichtshof in Münster werden könnte.

Auch CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann lastet der Regierung "Wortbruch und Willkür" an: "Wenn die Landesregierung nicht Hunderte Millionen Euro für rot-grüne Prestigeprojekte ausgegeben hätte, stünden heute in Zeiten höchster Steuereinnahmen und guter Konjunktur genügend Finanzmittel für eine 1:1-Übernahme des Tarifergebnisses zur Verfügung."

Rot-Grün zeigt sich von der Demo allerdings unbeeindruckt. "Die Regierung hat eine Entscheidung getroffen, und darüber wird jetzt im Landtag beraten", sagte ein Sprecher.

(RP/jre)
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