Skandal weitet sich aus Erneute Razzien nach rechtsextremen Chats bei NRW-Polizei

Essen · Der Skandal um rechtsextreme Chats zieht weitere Kreise: Am Dienstagmorgen gab es Razzien gegen weitere Beschuldigte. Die Polizisten haben zusammen gekegelt - und sich vor einem Hakenkreuz fotografieren lassen.

Ein Polizeiwagen steht vor dem Polizeipräsidium in Mülheim.

Ein Polizeiwagen steht vor dem Polizeipräsidium in Mülheim.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Im Zusammenhang mit rechtsextremen Chats bei der nordrhein-westfälischen Polizei hat es am Dienstagmorgen erneut Durchsuchungen gegeben. Das bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Duisburg. Es gehe um neun weitere Beschuldigte, auf die man im Zuge der Ermittlungen um rechtsextreme WhatsApp-Chats gestoßen sei.

In diesem Zusammenhang sind weitere zehn Beamte suspendiert worden. Das hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag mitgeteilt. In ihrer Kegel-Chatgruppe seien rechtsextreme, mutmaßlich strafrechtlich relevante Inhalte gepostet worden. Die Beamten hätten sich zudem beim Kegeln vor einem Hakenkreuz ablichten lassen. Am Dienstagmorgen hatte es deswegen Durchsuchungen gegeben. Dabei waren 160 Beamte im Einsatz.

Es werde wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen die Beamten ermittelt. Ihnen wird vorgeworfen, entsprechende Bilder, Videos und Audiodateien gepostet zu haben. Am Dienstag seien 17 Objekte unter anderem in Essen, Mülheim an der Ruhr und Velbert durchsucht worden.

Die Anzahl der beschuldigten Polizeibeamten, die verfassungsfeindliche beziehungsweise volksverhetzende Inhalte in WhatsApp-Gruppen gepostet haben sollen, erhöht sich damit auf insgesamt auf 24 Personen. Es seien am Dienstag weitere Speichermedien sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden müssten.

Derzeit gibt es 173 Verdachtsfälle in NRW, wie Innenminister Reul am vergangenen Donnerstag dem Innenausschuss des Landtags sagte. Vor drei Wochen lag die Zahl bei 151 Verdachtsfällen. Bei 155 der 173 Beschäftigten unter Rechtsextremismus-Verdacht handele es sich um Polizisten.

Bei NRW-Polizisten war auf beschlagnahmten Datenspeichern das verbotene Horst-Wessel-Lied entdeckt worden. Dabei handelt es sich um das Kampflied der SA und die spätere Parteihymne der NSDAP. Die Verbreitung des Stücks ist in Deutschland strafbar. Ein Beamter soll Fotos von Weihnachtsbaum-Kugeln mit SS-Runen und „Sieg Heil“-Aufschrift gepostet haben. Bei einem anderen Beamten seien Fotos mit einem Hakenkreuz entdeckt worden, das aus Dienstmunition gelegt worden sei, hatte Reul schon vor mehreren Wochen berichtet. Andere Beamte seien auf einem Video zu sehen, wie sie die erste Strophe des Deutschlandliedes grölten. Ein Polizist habe sich in Uniform auf zwei Streifenwagen stehend fotografieren lassen, wie er den „Hitler-Gruß“ zeige. Es waren auch Musikdateien von indizierten rechtsradikalen Bands entdeckt worden.

Kostenpflichtiger Inhalt In Nordrhein-Westfalen wurde die Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ neu geschaffen. Bereits im nächsten September soll ein Abschlussbericht vorgelegt werden; davor soll es bereits im Februar ein erweitertes Lagebild geben.

(mba/top/dpa)
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