Start ins Ausbildungsjahr Betriebe in NRW konnten 32.000 Lehrstellen nicht besetzen

Düsseldorf · Der besorgniserregende Trend der letzten Jahre setzt sich fort. Immer weniger Bewerber kommen auf mehr Stellen. Die Unternehmen reagieren mit Flexibilität: Selbst im Dezember könne man noch einen Ausbildungsplatz antreten.

 Auf Ausbildungsmessen versuchen die Unternehmen, den Nachwuchs anzuheuern.

Auf Ausbildungsmessen versuchen die Unternehmen, den Nachwuchs anzuheuern.

Foto: dpa/Martin Schutt

Die Unternehmen in NRW bekommen immer größere Probleme, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Nach Angaben der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) konnten mit 32.000 knapp ein Drittel aller angebotenen Stellen nicht besetzt werden. Das waren noch einmal 4500 mehr als im vorangegangenen Jahr. Selbst mit den noch nicht versorgten rund 16.000 Bewerbern ließe sich diese Lücke nicht schließen.

Und hält der Trend der vergangenen Monate an, dürfte sich das Problem noch weiter verschärfen. Die Zahl der Bewerber ist rückläufig. So haben sich laut BA seit Beginn des Berufsberatungsjahres 101.564 Bewerberinnen und Bewerbern auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz bei den Agenturen für Arbeit in NRW gemeldet, das waren noch einmal 2500 Menschen oder 2,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Nimmt man als Vergleichsmaßstab die Vor-Corona-Zeit ist der Rückgang noch dramatischer: Im August 2019 waren 124.519 Jugendliche gemeldet, fast 23.000 mehr.

Der Chef der Regionaldirektion, Torsten Withake, sagte, derzeit sehe man große regionale Unterschiede. Im Ruhrgebiet sei das Verhältnis zwischen Bewerbern und Stellen fast ausgeglichen, im Münsterland kämen dagegen auf 154 Stellen 100 Bewerber. Withake warnte vor einer Verschärfung des Fachkräftemangels. „Wir werden in den nächsten zehn Jahren 1,6 Mio. Arbeitskräfte nicht mehr in der regulären Beschäftigung haben.“

Ralf Stoffels, Präsident von IHK NRW, forderte mehr Anstrengungen, um an die Studienabbrecher heranzukommen oder bereits im Vorfeld zu verhindern, dass es zum Studienabbruch komme. Er versprach: „Jeder noch unvermittelte Jugendliche findet noch einen passenden Ausbildungsplatz.“ Die IHKen hätten ein offenes Ohr für alle.

Berthold Schröder, Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertags, sagte die Ausbildung müsse nicht zwingend am 1. August oder 1. September starten. Man könne auch im Oktober November oder sogar noch im Dezember eine Ausbildung antreten. Um den in den Berufsschulen verpassten Stoff aufzuholen, gebe es pragmatische Mittel und Wege. Schröder zufolge gebe es noch in allen Handwerksberufen freie Stelle, besonders aber im Bau und Ausbau-Handwerk sowie in allen Bereichen der Transformation, also in den Bereichen Elektro, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Der WHKT-Präsident warnte vor einem Investitionsstau bei den überbetrieblichen Ausbildungszentren. Das Land habe zwar reagiert und die Mittel verdoppelt. „Wir werden da aber erheblich mehr Geld brauchen.“ Dass die Berufsschulen landunter meldeten, bestätigte auch Bernd Zimmer, Vorsitzender des Verbands Freier Berufe in NRW. Weder Räume noch das Personal seien ausreichend vorhanden. „Da wird sich etwas tun müssen. Denn beschulen müssen wir die Auszubildenden noch.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort