Nordrhein-Westfalen Mehr Polizeistreifen vor Flüchtlingsheimen

Oberhausen · In Oberhausen haben Unbekannte einen Brandanschlag auf ein geplantes Asylheim verübt. Es war in NRW der bereits 14. Anschlag auf eine solche Einrichtung in diesem Jahr. Beim Staatsschutz gibt es nun eine Ermittlungskommission.

Flüchtlingsheime NRW: Anschläge in 2015
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NRW: Gewalt gegen Flüchtlingsheime 2015

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Foto: dpa, mb fdt

Es war noch dunkel, als die Rechtsradikalen am Dienstagmorgen gegen kurz vor 6 Uhr das Feuer an einer geplanten Unterkunft für Flüchtlinge in Oberhausen legten. Sie zündeten drei Holzpaletten an einem Bauzaun vor dem Gebäude an und legten eine Gasflasche dazu. Dann verschwanden sie unbemerkt. Sicherheitskräfte, die das im Bau befindliche Gebäude bewachen, entdeckten den Brand und alarmierten die Feuerwehr, die die Flammen noch rechtzeitig löschte, ehe die Gasflasche explodieren konnte. Verletzt wurde niemand.

Meist propagandistisch und politisch motivierte Delikte

Die Polizei geht von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. In Oberhausen hatte es bereits am 15. Januar einen Anschlag auf ein geplantes Asylheim gegeben. Damals schraubten die Täter eine Gasflasche auf. Der Staatsschutz hat deswegen eine Ermittlungskommission gegründet. "Ob beide Fälle zusammenhängen, ist noch nicht klar, aber Parallelen sind anscheinend vorhanden", sagte ein Polizeisprecher.

Der Anschlag war bereits der 14. in diesem Jahr auf Flüchtlingseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen. Damit setzt sich die Entwicklung aus dem Vorjahr fort. 2015 hatte sich Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte im Vergleich zu 2014 verachtfacht. Die Polizei zählte im vergangenen Jahr landesweit 214 solcher Straftaten, davor waren es lediglich 25 gewesen.

In den meisten Fällen handelte es sich um propagandistisch und politisch motivierte Delikte wie Schmierereien mit Hakenkreuzen und rassistischen Parolen bis hin zu direkten Androhungen von Gewalt. Aber es gab auch 28 Gewaltdelikte wie Körperverletzung und Brandstiftung. Insgesamt wurden fünf Menschen leicht verletzt.

Auch Beleidigungen nehmen zu

Die Sicherheitsbehörden befürchten, dass es dabei nicht bleiben wird. "Wir beobachten bereits, dass die Hemmschwelle sinkt, Flüchtlinge zu attackieren", erklärte ein Ermittler des Staatsschutzes. "Auch Beleidigungen und Diskriminierungen gegen Ausländer nehmen zu", betont er.

Als einen Hauptgrund für die zunehmende Gewaltbereitschaft im Land sehen die Verfassungsschützer die Vorkommnisse in Köln in der Silvesternacht, als kriminelle Nordafrikaner am Hauptbahnhof in großen Gruppen Frauen angriffen und sie sexuell nötigten. "Das hat wie ein Brandbeschleuniger gewirkt. Die, die vorher nur hinter vorgehaltener Hand etwas gegen Flüchtlinge sagten, hetzen seitdem ganz offen", so der Fahnder. Das sei besorgniserregend. "Man kann nur hoffen, dass sich die negative Stimmung in der Bevölkerung gegen Flüchtlinge wieder legt."

Bislang keine Schwerverletzte oder Tote

Die Anschläge in NRW begannen in diesem Jahr gleich am Neujahrstag. In Leverkusen bewarfen mehrere Männer eine Unterkunft mit Feuerwerkskörpern. Am 2. Januar wurden in Köln Fackeln auf ein Asylheim geworfen. In Ascheberg wurde am 9. Januar neben einem Flüchtlingsheim ein Molotow-Cocktail gezündet.

Am 17. Januar drangen Unbekannte in die Küche einer Asylunterkunft ein und brannten ein Feuerwerk ab. In Marl wurde am 21. Januar ein Gebäude, in das Flüchtlinge einziehen sollten, durch einen gelegten Brand vollständig zerstört. Nur einen Tag später beschmierten Unbekannte ebenfalls in Marl eine Asylheim mit Hakenkreuzen.

Bislang gab es in NRW keine Schwerverletzten oder Tote. Damit sich ein Brandanschlag wie in Solingen 1993, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen, nicht wiederholt, fährt die Polizei verstärkt Streife vor Flüchtlingsheimen. "Menschen, die zum Teil alles verloren haben und bei uns Schutz suchen, dürfen nicht mit Nazi-Methoden bedroht und verängstigt werden", betonte Innenminister Ralf Jäger (SPD). Es sei eine "gemeinsame Aufgabe, dass sich diese Menschen bei uns sicher fühlen", sagte Jäger.

Von Tätern in Oberhausen fehlt jede Spur

In vielen Fällen können die Täter nicht gefasst oder ihnen die Tat nachgewiesen werden. Im vergangenen Jahr konnte die Polizei landesweit knapp 70 Verdächtige ermitteln und ein Viertel der Taten aufklären, erklärte Jäger.

Auch in Oberhausen fehlt von den Tätern jede Spur. Kriminaltechniker sind noch damit beschäftigt, Beweise am Tatort sicherzustellen. Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz verurteilte den Anschlag in seiner Stadt. "Die besonnenen Kräfte, die aus meiner Sicht bei weitem in der Überzahl sind, rufe ich auf, Flagge zu zeigen. Es darf keinerlei Verständnis für solche Taten geben", erklärte er.

(csh)
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