Schulferien in NRW Lehrer fordern Attestpflicht vor Ferienbeginn

Düsseldorf · Erneut fahren dieses Jahr viele Eltern in NRW schon vor Unterrichtsende mit ihren Kindern in den Urlaub. Das Ministerium droht mit Bußgeldern. Der Philologenverband fordert eine härtere Gangart.

 Bei einer wachsenden Minderheit heißt es schon vor Ferienbeginn: Ab in den Urlaub.

Bei einer wachsenden Minderheit heißt es schon vor Ferienbeginn: Ab in den Urlaub.

Foto: dpa, mjh

Die Schulferien in Nordrhein-Westfalen beginnen erst nach Zeugnisausgabe? Für die meisten Schüler im Land stimmt das. Bei einer wachsenden Minderheit hat allerdings ein günstiger Flug oder eine staufreie Reise Vorrang — immer mehr Eltern nehmen ihre Kinder schon vor dem letzten Schultag aus dem Unterricht. 284 Mal ist 2015 nach Angaben der Bezirksregierung Düsseldorf deshalb ein Bußgeld verhängt worden — das sind so viele Fälle wie in keinem Jahr seit 2009 und 32 mehr als 2014.

"Ein Dauerärgernis" nannte am Donnerstag Dorothea Schäfer, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Phänomen der eigenmächtigen Ferienverlängerung. "Wir müssen die Schulpflicht konsequent durchsetzen", ergänzte Gunter Fischer, Schulleiter eines Gymnasiums in Viersen und Vorstandsmitglied der Rheinischen Direktorenvereinigung. "Alle Schulen sind verpflichtet, dem Schulabsentismus entgegen zu wirken", sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung. Die Strafen könnten bis zu 1000 Euro betragen. Ihre Höhe hänge auch davon ab, wie viel Geld eine Familie durch einen Flug vor Ferienbeginn gespart hat.

Der nordrhein-westfälische Philologenverband hält eine konsequentere Gangart für notwendig. "Wir brauchen eine Attestpflicht zum Ferienstart", forderte der Vorsitzende Peter Silbernagel. Es dürfe nicht weiter passieren, dass manche Eltern ihre Kinder einfach zum Schuljahresende krankmelden, um der Schulpflicht mit einer nachträglich schwer überprüfbaren Ausrede zu entgehen. Das Schulministerium hält es dagegen für ausreichend, dass jeder Schulleiter einzeln festlegen kann, ob er oder sie Atteste zum Schuljahresende verlangt. Im Gegensatz dazu befürwortet auch die Katholische Elternschaft NRW die Attestpflicht zum Schuljahresende. "Wenn Schüler beim Abitur fehlen, gibt es diese klare Vorgabe ja auch", sagte Landesvorsitzender Herbert Heermann.

Bei Flughäfen und Airlines schlägt sich die steigende Reiselust in den Büchern nieder. "Die ganze Woche läuft in Düsseldorf und Köln schon hervorragend", sagte ein Sprecher von Germanwings. Ein Sprecher des Flughafens Düsseldorf nannte Zahlen: 78.000 Passagiere flogen am Donnerstag ab, rund 6000 Personen mehr als noch am Dienstag. An diesem Freitag, am letzten Schultag, werden 82.000 Passagiere erwartet.

Am Flughafen Düsseldorf waren offenbar bereits am Donnerstag viele Familien mit schulpflichtigen Kindern unterwegs: Sie reisten Richtung Mallorca, Istanbul oder Sizilien. Eine Duisburger Familie mit vier Kindern erzählte unserer Redaktion sogar von einer Sondergenehmigung für die Reise. Im Schulministerium ist man darüber erstaunt: "Eine Beurlaubung, um die Schulferien zu verlängern oder um günstigere Reisetermine wahrzunehmen, ist nicht erlaubt."

Viele Schulen begegnen der Schulflucht mit Pädagogik: So berichtet Gewerkschaftschefin Schäfer, dass zunehmend Klassenfahrten in die letzte Schulwoche gelegt würden — damit niemand ohne Weiteres früher in Ferien gehen könne. Schulleiter Fischer hat eine Projektwoche rund um Naturwissenschaften mit vielen Experimenten organisiert: "Das fanden viele Schüler interessanter als Urlaub."

(ryk)
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