Neue Studie Zu wenig Personal in NRW-Kitas – Experten sehen Bildungsauftrag gefährdet

Gütersloh · Zu große Gruppen, zu wenige Erzieherinnen: In vielen NRW-Kitas hat sich trotz des massiven Ausbaus der Plätze bei der Personalausstattung wenig getan. Experten glauben, dass so der Bildungsauftrag auf der Strecke bleibt.

 Eine Erzieherin spielt in einer Kindertagesstätte mit Kindern (Symbolfoto).

Eine Erzieherin spielt in einer Kindertagesstätte mit Kindern (Symbolfoto).

Foto: dpa/Uwe Anspach

Mehr als drei von vier Kindern in Nordrhein-Westfalen besuchen einer Studie zufolge eine Kita mit zu wenig Fachpersonal. Zwar haben sich die Personalschlüssel in den Kindergärten- und Kleinkindgruppen in den vergangenen sechs Jahren geringfügig verbessert, bleiben aber weiterhin hinter den Expertenempfehlungen zurück. Das geht aus dem „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ hervor, das die Bertelsmann-Stiftung am Dienstag veröffentlicht hat. Dazu wurden unter anderem die Daten der Statistischen Ämter der Länder und des Bundes zu Qualitäts-Gradmessern wie Personalausstattung, Gruppengröße und Qualifizierungsniveau gesammelt und abgeglichen.

In den nordrhein-westfälischen Einrichtungen war zum Stichtag der Erhebung 2019 rein rechnerisch eine Fachkraft für 3,7 Krippenkinder verantwortlich. In den Kindergartengruppen mit den älteren Kindern kommen 8,6 Kinder auf eine Erzieherin.

Entsprechend gängiger Standards empfiehlt die Bertelsmann-Stiftung jedoch drei Kinder pro Fachkraft in Krippen und maximal 7,5 Kinder in den Kindergartengruppen. Mehr als 322.000 Kita-Kinder (78 Prozent) besuchten damit eine Gruppe mit einem Personalschlüssel, nicht kindgerecht sei, kritisierte die Bertelsmann-Stiftung. Unter solchen Rahmenbedingungen sehen die Experten den Bildungsauftrag gefährdet. Im Vergleich der Bundesländer heißt das: Rechnerisch muss eine Fachkraft in Nordrhein-Westfalen 1,7 Kindergartenkinder mehr betreuen als in Baden-Württemberg, dem Land mit der günstigsten Personalausstattung bundesweit.

Außerdem sind in Nordrhein-Westfalen aus Sicht der Bertelsmann-Stiftung die Gruppen mit im Durchschnitt 23 Kindern pro Kindergartengruppe größer als in fast allen Ländern - mit ungünstigen Folgen für Lautstärke und Arbeitsbelastung. Nur Niedersachsen weist bei diesem Gradmesser für Kita-Qualität schlechtere Werte aus. Bei den Kleineren steht NRW mit zehn Krippenkindern pro Gruppe allerdings vergleichsweise gut da.

Auch innerhalb Nordrhein-Westfalens hängt die Kita-Qualität vom Wohnort ab: So ist in Duisburg eine Fachkraft rechnerisch für drei Kindergartenkinder mehr zuständig als im Kreis Euskirchen, wo der Personalschlüssel mit 1 zu 7 sogar vergleichsweise gut ist. Im Krippenbereich gibt es dagegen ein deutlich geringeres Gefälle bei der Personalausstattung.

Angesichts der Studie hat NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) seine Amtskollegin im Bund aufgefordert, Wort bei zusätzlichen Kita-Mitteln zu halten. Der Bund müsse „seine ständigen Ankündigungen, die Mittel des Gute-Kita-Gesetzes zu verstetigen, endlich in die Tat umsetzen“, erklärte der Minister. „Frau Giffey hat dies in den Telefonschalten mit den Ländern mehrfach versprochen. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit von Frau Giffey, dass dies im Kabinett beschlossen wird. Andernfalls hätte uns Frau Giffey getäuscht“, so Stamp.

Insgesamt sieht er Nordrhein-Westfalen bei der Kita-Qualität auf dem richtigen Weg: „Wir stellen der frühkindlichen Bildung endlich die Mittel für das Personal zur Verfügung, die sie braucht, um allen Kindern bestmögliche Chancen auf gute Bildung zu ermöglichen“, sagte er und verwies auf eine Milliarde Euro zusätzliche Mittel für die frühkindliche Bildung.

(mba/dpa)
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