Nordrhein-Westfalen Kindergarten-Plätze werden knapp
Düsseldorf · Weil Betreuungsplätze für über Dreijährige wegfallen, können viele NRW-Kommunen Eltern keinen Kita-Platz in der Nähe garantieren. Die Eltern sehen sich gezwungen, die Kinder schon früher anzumelden.
Viele Eltern lassen ihre Kinder schon vorzeitig in Kindertagesstätten betreuen, um einen Kita-Platz in der Nähe zu bekommen. Der Landeselternbeirat der Kindertageseinrichtungen (LEB) in NRW sieht diese Entwicklung mit Sorge, weil viele Eltern ihre Kinder eigentlich erst im Alter von drei Jahren betreuen lassen wollen. Aus etlichen Kommunen in NRW seien konkrete Fälle bekannt, in denen es für Eltern schwierig ist, einen geeigneten Platz für ihr über dreijähriges Kind (Ü 3) zu bekommen, sagte Marcel Preukschat, Vorsitzender des LEB.
Den Rechtsanspruch auf Betreuung für über Dreijährige gibt es bereits seit 1996. Seit 2013 gibt es auch für unter Dreijährige (U 3) eine garantierte Betreuung. In der Folge bauten die Kommunen massiv Kindertagesstätten kleinkindgerecht aus. Die Welle der Aufnahmen von unter Dreijährigen hat nun die Konsequenz, dass die begehrten Kitas belegt sind. Eltern, die sich für eine Betreuung ihres Kindes bis zum Alter von drei Jahren zu Hause entschieden haben, suchen nun in vielen Fällen vergeblich nach Betreuungsplätzen.
Derzeit werden in den Kindertagesstätten laut Landeselternbeirat in Nordrhein-Westfalen viele Plätze für über Dreijährige in Plätze für unter Dreijährige umgewandelt. Lag die Zahl der Ü 3-Betreuungsplätze 2008/09 noch bei 497.000, so sank sie im Betreuungsjahr 2014/15 auf nur 457 000. Rund 40.000 Ü 3-Plätze sind also in den vergangenen sechs Jahren weggefallen.
In Krefeld wurde vor wenigen Tagen ein Fall bekannt, in dem ein Vater seine derzeit einjährige Tochter erst mit drei Jahren anmelden wollte, ihm die Kindertagesstätte allerdings eine frühere Betreuung empfahl, um eine Platzgarantie zu erhalten. Weil die Krefelder Stadtverwaltung auch eine massive Erhöhung der Kita-Gebühren plant, entstünden dem Vater Mehrkosten von rund 8000 Euro - 469 Prozent mehr, als er eigentlich zahlen müsste, wenn das Kind erst ab drei Jahren eine Kita besuchen würde.
Das NRW-Familienministerium räumt auf Anfrage ein: "Durch den U3-Ausbau kann es in bestehenden Kindertageseinrichtungen zu strukturellen Veränderungen kommen." Das Land verweist auf die Rolle der Kommunen: "Beide Betreuungsansprüche, die der über wie auch der unter dreijährigen Kinder, stehen gleichrangig nebeneinander. Es ist die Aufgabe der örtlichen Jugendhilfeplanung, auf die Bedarfslagen mit Betreuungsangeboten zu reagieren und einen wohnortnahen Betreuungsplatz vorzuhalten."
Dabei gibt es auf dem Papier nahezu Vollversorgung mit Ü 3-Plätzen. Laut NRW-Familienministerium sind 456 500 Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege für über dreijährige Kinder gemeldet. Bezogen auf die Altersgruppe der Drei-, Vier- und Fünfjährigen entspreche das einer Versorgungsquote von rund 100,9 Prozent. Bezieht man die sechsjährigen Kinder in die Berechnung ein, liege die Betreuungsquote bei rund 93 Prozent. Bei den unter Dreijährigen liegt die Versorgungsquote derzeit bei nur 35,4 Prozent landesweit (155.000 Plätze).
Als Grund für den Mangel sieht der Landeselternbeirat an, dass Fördermittel an bestehende U 3-Plätze gebunden waren und trotz des höheren Bedarfs nicht für Ü 3-Plätze verwendet werden durften. Nur bei besonderem Bedarf dürften U 3-Plätze vorübergehend mit Ü 3-Kindern belegt werden. Der Landeselternbeirat fordert die Landesregierung nun auf, die finanziellen Mittel zur Schaffung von Ü 3-Plätzen entsprechend aufzustocken und mehr Erzieherinnen einzustellen.