Anti-Israel-Plakat Jüdische Gemeinden zeigen „Die Rechte“ wegen Volksverhetzung an

Dortmund · Wie viel Provokation muss eine pluralistische Gesellschaft aushalten? Ein Wahlplakat der Dortmunder Neonazi-Partei „Die Rechte“ geht den jüdischen Gemeinden in Westfalen-Lippe jetzt zu weit: Sie haben Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet.

Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe sieht zwei Wahlplakate der rechtextremen Partei „Die Rechte“ als Volksverhetzung an und hat Strafanzeige gestellt. Unter anderem geht es um ein Plakat mit dem Slogan „Israel ist unser Unglück!“. Das sei eine abgewandelte Übernahme des Nazi-Zitats „Die Juden sind unser Unglück!“, teilte der Landesverband am Dienstag in Dortmund mit.

„Dieser Satz wurde samt Ausrufezeichen als ständiger Untertitel auf der ersten Seite des nationalsozialistischen Hetzblattes "Der Stürmer" genutzt“, erklärte der Verband. Die Verwendung dieses Zitats samt Satzzeichen beinhalte eine bewusste Verherrlichung des Nationalsozialismus.

Die Staatsanwaltschaft Dortmund prüft, ob sie Ermittlungen wegen des Wahlplakats aufnimmt. „Die Prüfung ist im Moment noch nicht abgeschlossen“, sagte eine Behördensprecherin. Zuvor hatte der WDR über die Anzeige berichtet.

Mit „Israel“ sei keineswegs nur der Staat gemeint, argumentiert der Landesverband. „Das Judentum versteht und bezeichnet sich auch selbst als das Volk ‚Israel’, wie es schon in der Bibel steht.“ Mit der von der Partei verwendeten Formulierung seien gleichzeitig die Juden als Volksgruppe gemeint. Auch könne die Unterschrift auf dem Plakat „Schluss damit!“ nur als Aufforderung zur Vernichtung Israels verstanden werden.

„Bezogen auf ‚Israel’ als Synonym für ‚die Juden’ ergibt sich eine entsprechende Gewaltaufforderung.“ Auf dem zweiten bemängelten Plakat ist zu lesen: „Wir hängen nicht nur Plakate!“ und kleingedruckt darunter: „Wir kleben auch Aufkleber!“.

Im Vorfeld einer Demonstration der Partei in Duisburg am 1. Mai hatte das Israel-Plakat auch schon die dortige Staatsanwaltschaft beschäftigt. Eine strafrechtliche Relevanz sei bei einer Prüfung des Plakat-Inhalts jedoch nicht festgestellt worden, sagte eine Behördensprecherin. Der Tatbestand der Volksverhetzung sei nicht verwirklicht, da kein hinreichend bestimmter Teil der Bevölkerung, also keine konkrete Gruppe, genannt sei.

Die Duisburger Polizei ermittelt nach dem 1. Mai-Aufmarsch mittlerweile in 14 Fällen gegen Teilnehmer, davon in fünf Fällen wegen des Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wie etwa dem Zeigen des Hitlergrußes. Die anderen Vorwürfe lauten unter anderem auf gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigungen oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Die Partei zeige ganz deutlich ihre offen antisemitische Ausrichtung, sagt der Düsseldorfer Neonazismus-Forscher Alexander Häusler. Der Inhalt des Plakats bewege sich im juristischen Grenzbereich. „Ich halte es für fraglich, dass es nicht doch verboten werden kann. Die Anspielung auf die NS-affine Rhetorik ist offensichtlich.“

(mba/dpa)
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