Sichtschutzwände für NRW Minister: "Foto-Epidemie" der Gaffer bei Unfällen

Kaarst · Ein Jahr lang wurden die mobilen Wände im Zuständigkeitsbereich der Autobahnmeisterei Kaarst getestet. Am Freitag stellte NRW-Verkehrsminister Michael Groschek das System vor, das NRW jetzt als erstes Bundesland anschafft.

 Verkehrsminister Michael Groschek steht in Kaarst vor einer mobilen Sichtschutzwwand. NRW will als erstes Bundesland mobile Sichtschutzwände gegen Schaulustige einsetzen.

Verkehrsminister Michael Groschek steht in Kaarst vor einer mobilen Sichtschutzwwand. NRW will als erstes Bundesland mobile Sichtschutzwände gegen Schaulustige einsetzen.

Foto: dpa, fg fdt

Einen selten großen Medienauflauf haben die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei an der Neersener Straße erlebt. NRW-Verkehrsminister Michael Groschek stellte dort die neuen Sichtschutzwände gegen Gaffer an Unfallorten vor. "Wir erleben ein Phänomen, das nicht mehr mit dem natürlichen Reflex der Neugierde zu erklären ist, sondern eine wahre Foto-Epidemie", sagte Groschek. Die Sichtschutzwände, so der Minister, sollten für mehr Verkehrssicherheit sorgen und den Unfallopfern ein Stück ihrer Würde zurückgeben.

 Bei Unfällen auf Autobahnen in NRW versperren jetzt Sichtschutzzäune Neugierigen die Sicht.

Bei Unfällen auf Autobahnen in NRW versperren jetzt Sichtschutzzäune Neugierigen die Sicht.

Foto: Straßen NRW

Die Polizei hatte in jüngerer Vergangenheit vermehrt die Kennzeichen von offensichtlich Schaulustigen notiert und das Gaffen zur Anzeige gebracht. Die Folge eines gebremsten Verkehrsflusses unterstreicht der Landesbetrieb mit einigen Zahlen: Auf 700 Kilometer Autobahn - einem Drittel des gesamten NRW-Netzes - komme es im Jahr zu rund 2340 Unfällen im Zusammenhang mit Stau, davon 650 am Stauende.

Dass die Vorstellung der neuen Sichtschutzwände in Kaarst stattfand, hatte seinen Grund. Die einjährige Pilotphase fand im Zuständigkeitsbereich der hiesigen Autobahnmeisterei statt. Insgesamt sieben Mal kam das System zum Einsatz, unter anderem bei der Bergung des Unfalltoten in einer Baugrube im Kaarster Kreuz im Januar 2014 und einem Lkw-Unfall unter der Brücke auf Höhe der Morgensternsheide. "Wenn wir davon ausgehen, dass der Einsatz einschließlich aller Bergungsmaßnahmen länger als zwei Stunden dauert, fordern wir die Sichtschutzwände an", erklärte Jürgen Bongartz. Der Mitarbeiter im Polizeipräsidium Düsseldorf war während des Pilotprojekts Leiter der Autobahnpolizeiwache Neuss.

Je nach Lage des Unfallorts rechnet man mit bis zu 100 Minuten für Anlieferung und Aufbau durch die zuständige Autobahnmeisterei. "Es kann sicherlich zu Schwierigkeiten beim Transport kommen. Dann wird von Sonder- und Wegerechten, etwa mit Hilfe einer Polizeieskorte, Gebrauch gemacht", so Bongartz. Beteiligt an der Testphase war auch die Freiwillige Feuerwehr Kaarst. "Wir haben damit gearbeitet und es ist aus unserer Sicht eine gute Sache. Wir würden die Sichtschutzwände bei belastenden Einsätzen wie der Befreiung einer eingeklemmten Person anfordern", so Stadtbrandmeister Herbert Palmen.

Das Land NRW hat insgesamt zwölf solcher Systeme angeschafft. Eines besteht aus einem Anhänger und 40 mit Folie bespannten Zäunen. Die zwei Meter hohen Sichtschutzwände lassen sich auf einer Länge von bis zu 100 Metern aufbauen. Die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei veranschaulichten das vor den Kameras bei einem gestellten Auffahrunfall mit einem Auto und zwei Lastwagen. Die Zäune schirmen die gesamte Unfallstelle ab, so dass nicht nur von der Gegenfahrbahn der Blick verwehrt wird, sondern auch auf der freien Spur der betroffenen Seite. Auf dieser, so Verkehrsminister Groschek, werde eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h gelten.

 Bis zu 100 Minuten kann es dauern, bis die Zäune am Unfallort aufgebaut sind.

Bis zu 100 Minuten kann es dauern, bis die Zäune am Unfallort aufgebaut sind.

Foto: Straßen NRW

Das System der mobilen Sichtschutzwände stammt aus den Niederlanden und wurde im Rahmen eines internen Wettbewerbs bei Straßen NRW von einem Mitarbeiter vorgeschlagen. Nordrhein-Westfalen schafft es jetzt deutschlandweit als erstes Bundesland an. Die Anschaffungskosten von rund 470 000 Euro werden aus Bundesmitteln finanziert.

(stef)
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