„Plauze“, „Knöttern“, „Frickeln“ Sprachforscher erklärt Kult-Begriffe aus dem Ruhrpott in einem neuen Buch

Köln · Viele kennen sie, viele benutzen sie - aber wenige wissen, wo umgangssprachlich Wörter wie jückeln, frickeln oder knöttern eigentlich herkommen. Ein Sprachforscher ist auf Spurensuche gegangen.

 Peter Honnen, Sprachwissenschaftler und Spezialist für die Sprachen des Rheinlands.

Peter Honnen, Sprachwissenschaftler und Spezialist für die Sprachen des Rheinlands.

Foto: dpa/Silvia Reimann

Plörre, frickeln, knöttern, uselig, Plauze: Ein neues Wörterbuch will der Umgangssprache im Rheinland und Ruhrgebiet wieder zu einem besseren Ruf verhelfen. Das Werk heißt „Wo kommt dat her?“ und wurde von dem Sprachforscher Peter Honnen geschrieben. Der Autor stellte nach eigenen Angaben immer wieder fest, dass die Umgangssprache kein hohes Ansehen genießt - sie gelte eher als Sprache der Unterschicht. Das findet er nicht gut.

„Das ärgert mich eigentlich, weil die Umgangssprache im Grunde die letzte Möglichkeit ist, überhaupt noch regionale Merkmale der Sprache zu erkennen“, sagte der Forscher vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Die Geschichte der Wörter sei meist sehr interessant und reiche weit zurück. Vielfach geht Honnen dafür bis in die Römerzeit zurück.

Eine Auswahl:

  • JÜCKELN Auch als „jöckeln“ bekannt. Wird genutzt, wenn jemand nur zum Zeitvertreib umherfährt. Beispielsatz: „Der kommt da ganz gemütlich angejückelt“. Honnen schreibt, dass „jückeln“ nichts mit „jucken“ zu tun habe, sondern ein eigenständiges Verb sei. Es gibt einen Beleg für einen Ursprung im mittelhochdeutschen „jöuchen“ oder „jouchen“, was „jagen“ oder „treiben“ bedeutet. Um 1500 sei es auch als „jöken“ belegt, das „weggehen“ bedeutet.
  • PRÄNGEL „Kann im Rheinland alles sein, was länglich, dick und derb ist“ schreibt der Autor - meist ein Knüppel, Ast, Totschläger oder eine Stange. Verwendung finde es aber auch als „Prängel“ Fleischwurst oder bei einer dicken Brotscheibe. Schon im Mittelniederdeutschen sei die „prange“ ein Pfahl oder eine Stange, an dem oder der man etwas anbindet. Man kennt es heute noch vom Pranger.
  • KNÖTTERN Auch „knüttern“ oder „knottern“. Bedeutet: nörgeln, meckern, quengeln. Beispiel: „Wat bisse am knöttern, passt dir wat nich?“ Das Wort habe nichts mit dem Knoten oder mit dem Knurrlaut eines Hundes zu tun, schreibt Sprachforscher Honnen. Es handele sich um ein altes niederdeutsches Verb, das im Mittelniederdeutschen als „knoteren“, im Mittelniederländischen etwa als „cnoteren“ belegt sei, als „brummen“ oder „murren“. In der niederländischen Mundart sei es weit verbreitet.
  • PLAUZE Weithin bekannt als Bezeichnung für einen dicken Bauch. Beispiel: „Du hass aber ne ganz schöne Plauze gekricht!“ Im Ruhrgebiet ist auch „abplauzen“ bekannt. Dann sitzt man auf dem Sofa und isst Chips. Honnen schreibt, dass „Plauze“ eines der seltenen slawischen Lehnwörter in der Umgangssprache sei - die im Sorbischen und Polnischen verwandten Wörter bedeuten „Lunge“ oder „Lungenflügel“.
  • FRICKELN Wird verwendet, wenn jemand an etwas herumfummelt und sich an einer Reparatur versucht. Beispielsatz: „Da hat der sich wat zusammengefrickelt, dat funktioniert nie.“ Das Wörterbuch verortet den Ursprung zwischen Hunsrück und Niederrhein. Im niederdeutschen Sprachraum bedeute „wriggeln“ „hin und her rütteln“. Das rheinische „frickeln“ sei wohl damit verwandt. Die Bedeutung als „eine stümperhafte Arbeit verrichten“ bezeichnet der Sprachforscher allerdings als „exklusiv rheinische Sonderentwicklung“.
(togr/dpa)
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