Lehrauftrag an Polizeihochschule entzogen Grüne kritisieren Rauswurf von Bahar Aslan nach Tweet

Düsseldorf/Gelsenkirchen · Hochschuldozentin Bahar Aslan erhält nach ihrem Rauswurf von der Polizei-Hochschule in Gelsenkirchen Unterstützung von den Grünen in NRW. Die Deutsche Polizeigewerkschaft findet die Entscheidung hingegen richtig. Der kritisierte Tweet soll nicht der erste sein, in dem Aslan eine umstrittene Aussage tätigt.

 Die Zentralverwaltung der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.

Die Zentralverwaltung der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßt die Entscheidung, der Dozentin der Polizeihochschule in Gelsenkirchen, Bahar Aslan, nach einem Tweet keinen weiteren Lehrauftrag zu geben. „Es ist absolut richtig so. Wer sich so negativ über die Polizei äußert, hat in dem Job nichts zu suchen“, sagte Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Aslans Tweet lautete: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“

Die Hochschule hatte daraufhin am Montag mitgeteilt: „Aus Sicht der Hochschulleitung ist die Dozentin aufgrund ihrer aktuellen Äußerungen ungeeignet, sowohl den angehenden Polizistinnen und Polizisten als auch den zukünftigen Verwaltungsbeamtinnen und -beamten eine vorurteilsfreie, respektive fundierte Sichtweise im Hinblick auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln.“

Verteidigt wird Aslan von den Grünen in NRW. „Dass Bahar Aslan einem solchen Shitstorm von Hass und Hetze ausgesetzt ist, ist durch nichts zu rechtfertigen. Der besagte Tweet war unglücklich formuliert und ich kann emotional nachvollziehen, dass sich Polizistinnen und Polizisten pauschal angegriffen fühlen“, erklärte Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion NRW. „Wir brauchen eine differenzierte Debatte über strukturellen Rassismus in unserer Gesellschaft. Genau deshalb ist Bahar Aslan die Richtige für einen Lehrauftrag an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen. Ich bin irritiert darüber, dass so kurzfristig der Lehrauftrag nicht verlängert wurde“, so Höller weiter.

Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender der Grünen NRW, erklärte: „Bahar Aslan hat innerhalb weniger Stunden ihren Lehrauftrag entzogen bekommen. Sie hatte offenbar nicht mal die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen oder mit ihren Vorgesetzten zu sprechen. Ich erwarte mir von einem Arbeitgeber Solidarität, differenziertes Agieren und Gespräche, gerade im Umfeld der Polizei und innerhalb einer Hochschule“, so Achtermeyer. „Stattdessen ist man vor einem Shit-Storm eingeknickt. Die Perspektive von Rassismus betroffenen Menschen, wie die von Bahar Aslan, ist wichtig: für uns als Gesellschaft, für die Polizei, für die Politik. Die Entziehung des Lehrauftrags ist daher die völlig falsche Konsequenz. Die Hochschule wäre gut beraten, diesen Schritt zu zurückzunehmen und das Gespräch zu suchen“, betonte der Landesvorsitzende der Grünen.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens hatte indes zuvor am Montag gesagt, eine solche „Pauschalverurteilung der Sicherheitsbehörden geht gar nicht“. Der Fall müsse arbeits- und strafrechtlich aufgearbeitet und geprüft werden. Der nordrhein-westfälische CDU-Innenpolitiker Christos Katzidis sagte, die Äußerung sei „unerträglich und untragbar“. Er erwarte eine strafrechtliche und eine disziplinarrechtliche Prüfung.

Aslan selbst sprach von einer Verleumdungskampagne: Es habe sich bei ihrem Tweet nicht um eine Pauschalverurteilung aller Polizisten gehandelt, wie dieser behaupte. „Dachte, dass es Konsens ist, dass wir klare Kante gegen Rechts zeigen. Habe mich offensichtlich geirrt», twitterte sie. Über das Agieren der Gewerkschaft sei sie «sehr erstaunt“. Sie bekomme nun Hass-Botschaften im Minutentakt.

Der kritisierte Tweet ist aber offenbar nicht Aslans erste umstrittene Nachricht auf Twitter gewesen. So schrieb sie etwa im Januar 2021: „Ja, ich sympathisiere mit Linksextremisten! Und wissen Sie was? Ich werde morgen @derrechterand abonnieren und finanziell unterstützen, also quasi ihre Steuern in die #Antifa investieren. Sie dürfen sich gerne bei meinem Dienstherren über mich beschweren.“

Aus dem NRW-Schulministerium hieß es, zum konkreten Einzelfall könne man keine Stellung nehmen. Grundsätzlich gelte aber, dass Lehrer zwar die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes genießen, besonders als Beamte aber bei politischen Äußerungen zu Mäßigung und Zurückhaltung aufgerufen seien.

 Diesen Tweet setzte Bahar Aslan im Januar 2021 ab (Screenshot).

Diesen Tweet setzte Bahar Aslan im Januar 2021 ab (Screenshot).

Foto: RP/Screenshot Twitter

Vor diesem Hintergrund prüften die personalrechtlich zuständigen Bezirksregierungen grundsätzlich auch Äußerungen von Lehrern auf Twitter. Die zuständige Bezirksregierung Münster werde den Vorgang prüfen. Dort bestätigte ein Sprecher, man werde den aktuellen Vorgang als Schulaufsicht prüfen.

(mit Material der dpa)
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