Nach Straßenschlacht in Köln Neonazis sind Mitläufer bei Hooligans

Köln · Rechtsradikale Parteien wie "Die Rechte", die NPD und "Pro NRW" schließen sich den Versammlungen an. Das Sagen haben sie nicht. Beide Seiten verfolgen unterschiedliche Ziele. In Berlin und Hamburg sind wieder Demos angemeldet.

Das sind die "Hooligans gegen Salafisten"
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Foto: dpa, cas kde

Die Straßenschlacht, die sich 4800 Hooligans und Neonazis in Köln mit der Polizei geliefert haben, könnte erst der Anfang gewesen sein. Während eine Ermittlungskommission noch dabei ist, die Ausschreitungen aufzuarbeiten und die Politik nach einem gesetzlichen Hebel für ein Verbot derartiger Versammlungen sucht, formieren sich die Krawallmacher bereits für die nächsten Aufmärsche. In Hamburg und Berlin haben sie für den 15. November Demonstrationen bei der Polizei angemeldet.

Aus den Kölner Krawallen folgen nach Einschätzung der Innenexperten der Regierungskoalition in Berlin neue Herausforderungen für den Verfassungsschutz. "Der Zusammenschluss von gewaltbereiten Hooligans und Rechtsextremisten ist von den Sicherheitsbehörden offensichtlich nicht ganz richtig eingeschätzt worden ", sagt die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Eva Högl. Unionsfraktions-Vize Thomas Strobl hält es für nötig, dass Verfassungsschutz und Polizei ihre Erkenntnisse in Zukunft teilen.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) will ein Verbot prüfen lassen. "Die Erkenntnisse aus Köln fließen in unsere Einsatzplanung ein", sagt ein Berliner Polizeisprecher. Eine Anmeldung für eine Versammlung für den 9. November — wie sie im Internet kursierte — habe der Berliner Polizei bis Dienstag nicht vorgelegen. Ob es bei den Versammlungen in Berlin und Hamburg zu ähnlichen Straßenschlachten kommen wird wie in Köln, wo 49 Polizisten verletzt wurden, lässt sich Expertenmeinungen zufolge nicht vorhersagen.

Hooligans gegen Salafisten in Köln: Krawalle bei Hogesa-Demo
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Köln 2014: Krawalle bei Hooligan-Demo

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Die Deutsche Polizeigewerkschaft geht derweil davon aus, dass in Zukunft Verbote derartiger Aufmärsche eher vor Gericht Bestand haben. Mit dem gesammelten Material der Polizei vom Wochenende könnten Richter überzeugt werden, dass Hooligans keine politische Absicht verfolgten, sondern allein auf Gewalt und Konfrontation mit der Polizei aus seien, sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der "Passauer Neuen Presse".

Extremismusexperte: Straßenschlacht hat Szene euphorisiert

"Die Hooligans sind auf Prügeleien aus. Wenn die Polizei das im Vorfeld der Versammlungen mit Präventionsmaßnahmen eindämmt, muss es nicht zu solchen Szenen wie in Köln kommen", erklärt Alexander Häusler, Forscher für Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf. Auch er vertritt die Meinung, dass die Polizei in Köln "offensichtlich nicht gut vorbereitet" gewesen ist. "Sie hat das Gewaltpotential anscheinend unterschätzt." Der Düsseldorfer Extremismusexperte ist sich sicher: Die Straßenschlacht in Köln hat die Szene euphorisiert. Häusler rechnet mit weiterem Zulauf. "Weil die Mobilisierung so gut funktioniert, ist das eine hochexplosive Mischung", sagt er. Doch er sagt auch, dass die "Hools" keinen Plan haben, keine langfristige Strategie verfolgen. "Ihre Aktionen sind nicht strategisch durchdacht."

Das Phänomen, dass sich Hooligans mit Neonazis verbinden, um gegen Salafisten zu demonstrieren, beobachtet der Verfassungsschutz schon seit Frühjahr dieses Jahres. Dabei schließen sich rechtsradikale Parteien den gewalttätigen "Fußballfans" an. In Frankfurt unterstützte die NPD die Hooligans bei ihrem Aufmarsch, in Mannheim ebenfalls. In NRW waren es bei Versammlungen in Dortmund und Köln vor allem die Parteien "Die Rechte" und "Pro NRW", die Seite an Seite mit den "Hools" marschierten. Damals noch mit nur wenigen Hundert Teilnehmern.

Doch die externen Rechtsradikalen geben dabei keineswegs den Ton an. "Die Strippenzieher der Aufmärsche kommen aus der Hooliganszene", erklärt Häusler. Die Führungspersonen gehörten zur sogenannten "alten Garde", die sich während der Hochzeiten des Hooliganismus in den 80er und 90er Jahren in der Szene einen Namen gemacht haben. "Sie entscheiden, wer mitmachen darf und wer nicht — ihre Meinung zählt", so Häusler. Selbst wenn Hooligans rechte Ansichten vertreten, sind sie meistens politisch uninteressiert. "In erster Linie geht es ihnen um Gewalt."

Ultras haben Hooligans Rang abgelaufen

Auch wenn rechtsgerichtete "Hools" und Neonazis gemeinsam gegen Salafismus protestieren, verfolgen beide Seiten doch unterschiedliche Ziele. Während die Rechtsradikalen bei den Versammlungen ihren Rassismus öffentlich zur Schau stellen wollen, kämpfen die Hooligans nach Meinung Häuslers um die Rückgewinnung verlorenen Terrains in den Fanblocks der Fußballvereine. "Durch solche Aktionen wie in Köln wollen sie wieder neue Anhänger gewinnen und an Stärke zulegen", erklärt der Düsseldorfer Wissenschaftler. Denn in den Fankurven haben die sogenannten Ultras den Hooligans schon vor Jahren den Rang abgelaufen.

Die Mitglieder beiden Lager unterscheiden sich deutlich voneinander. Während die Hooligans ausschließlich für Gewalt stehen und in Teilen rechts sind, stehen Ultras in der Regel — bis auf einige Ausnahmen — für zumeist friedliche Fanprojekte und farbenfrohe Choreografien. Sie sind eher links einzuordnen und protestieren in Stadien zunehmend gegen Homophobie, also den Hass gegen Schwule und Lesben. Diese konträren Positionen führen innerhalb der Fanszene zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen. So gab es zuletzt in Duisburg, Düsseldorf und Aachen Schlägereien zwischen Ultras und Hooligans. Die Gewalt ging dabei immer von den "Hools" aus. "Sie versuchen mit aller Macht, ihren alten Stellenwert zurückzugewinnen", sagt Häusler.

(may-)
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