Nach Explosion in Wuppertal „Mein Nachbar wurde mit der Wand aus dem Haus geschleudert“

Wuppertal · Die Ermittlungen wegen versuchten Mordes nach der Explosion eines Hauses sind für die Anwohner keine Überraschung. Der mutmaßliche Täter hatte nach ersten Erkenntnissen der Polizei angekündigt, nicht mehr leben zu wollen.

Es riecht nach nasser Asche in der Lenneper Straße in Wuppertal. Dort, wo bis Samstagabend noch ein mehrstöckiges Haus stand, klafft ein Loch in einer Häuserzeile. Ein Bagger schaufelt den Schutt auf den ersten von mehreren Kipplastern, die Schlange stehen, um die Reste des Hauses abzutransportieren, das am Samstag explodiert war.

Auf dem Gehweg gegenüber bricht eine Frau in Tränen aus. Sie hatte die Hoffnung, noch Reste von ihrem Hab und Gut zu retten. Doch die Bauleute haben Grund zur Eile. Elmar Thyen, Sprecher der Wuppertaler Stadtwerke, sagt: „Es gibt in dieser Straße zwei Gasrohre. In einem davon vermuten wir ein Leck.“ Zwar herrsche akut keine Explosionsgefahr - die Stadtwerke haben den Druck in dem unterirdischen Rohr abgesenkt - doch der Schaden soll schnell behoben werden.

Die Polizei hat die Mordkommission "Lenneper" eingesetzt. Ein Sachverständiger für Brand- und Explosionsursachen hat in dem völlig zerstörten Haus Hinweise auf eine Manipulation an der Gasinstallation gefunden.

Die Polizei ermittelt nun gegen einen 54 Jahre alten Bewohner einer Wohnung des Hauses. Er selbst wurde schwer verletzt und konnte bislang noch nicht zum Sachverhalt befragt werden.

Wuppertal: Schwere Schäden nach Gasexplosion
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Schwere Schäden in der Lenneper Straße in Wuppertal nach Gasexplosion

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Foto: Anja Wollschlaeger

Als Motiv vermutet die Polizei Probleme im privaten Lebensbereich des Mannes - er hatte in der Vergangenheit angekündigt, nicht mehr leben zu wollen, bislang konnte er jedoch mit ärztlicher Unterstützung davon abgehalten werden.

Ein Feuerwehrmann begleitet eine Anwohnerin in eine Nachbarwohnung, um Katzen herauszuholen. Fabian Heinrichs ist einer von denen, die seit Samstagnacht „irgendwo unterkommen mussten“. Seine Wohnung lag im Erdgeschoss des explodierten Hauses. Davon ist nun nur noch ein Stück Fassade geblieben, gerade mal so breit wie zwei Fensterscheiben. Heinrichs konnte bei der Explosion mit seiner Freundin und seinen Hunden heil aus dem Haus herauskommen. Er sagt: „Bei uns im Haus hat ein älterer Herr, so um die 80, gewohnt. Er lag nach der Explosion in den Trümmern auf der Straße. Die Druckwelle muss ihn zusammen mit der Hauswand nach draußen geschleudert haben.“ Er ist nicht überrascht, als die Nachricht die Runde macht, dass einer seiner Hausnachbarn an der Gasinstallation manipuliert haben soll. Der junge Mann sagt: „Ich habe ja gesehen, wie er vor Kurzem über die Fensterbänke balanciert ist und sich umbringen wollte.“ Bei dem Gedanken daran, dass der Täter seine Tat wohl angekündigt hat, schluckt Heinrichs und sagt: „Wir haben gedacht, wir lassen den mal reden. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand in der Lage ist, andere so mit reinzuziehen.“

Im Hauseingang gegenüber sitzt Antonio Sperlango. Auch er hat den Nachbarn erlebt, gegen den die Staatsanwaltschaft nun ermittelt: „Zuerst hat er Sachen von seiner Frau aus dem Fenster geworfen, dann hat er gedroht zu springen. Ich habe dann die Polizei gerufen und die kam dann auch.“ Zusammen mit Heinrichs sei er nach der Explosion noch einmal in das brennende Gebäude gelaufen. Sie hätten den Mann, der im Verdacht steht, die Gasleitung absichtlich beschädigt zu haben, aus seiner Wohnung getragen: „Er hat ganz ruhig auf seiner Couch gesessen, während hinter ihm das Feuer brannte. Diese Nacht war für mich der Horror überhaupt.“

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