DNA-Reihenuntersuchung Erste Zwangstests im Grevenbroicher Mordfall Claudia Ruf

Grevenbroich · Drei Männer mussten per Richterbeschluss zur Speichelprobe gebeten werden - ohne Treffer. Bis zu sechs weitere Anordnungen werden laut Polizei vorbereitet. Rund 1000 Männer sind noch ohne Testergebnis oder müssen noch ermittelt werden.

 Die DNA-Massentests im Mordfall Claudia Ruf wurden von den Medien aufmerksam begleitet (Archivfoto).

Die DNA-Massentests im Mordfall Claudia Ruf wurden von den Medien aufmerksam begleitet (Archivfoto).

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die in Bonn ansässige Mordkommission MK Ruf ist erstmals von ihrer Linie der Freiwilligkeit bei den seit November laufenden Speichelproben abgewichen. Drei, innerhalb von Deutschland verzogene Männer wurden per Gerichtsbeschluss zu einer Speichelprobe aufgefordert. Alle drei Tests ergaben laut dem Bonner Polizeisprecher Robert Scholten keine Übereinstimmung. Bei bis zu sechs weiteren Männern werde ein solcher Gerichtsbeschluss derzeit vorbereitet; die Gespräche mit ihnen seien jedoch noch nicht beendet, so Scholten: „Wir hoffen immer noch auf ihre Kooperation.“

Bislang gaben rund 2000 Männer der MK Ruf freiwillig eine Speichelprobe. Anhand des Abgleichs mit DNA vom Tatort soll der Vergewaltiger und Mörder von Claudia Ruf (11) aus Hemmerden gefunden werden. Die Tat geschah am 11. Mai 1996. Die erneute Testreihe begann unter bundesweiter Aufmerksamkeit im November 2019. Unter anderem wurde der 24 Jahre alte Mordfall in der Sendung Aktenzeichen XY präsentiert. Auch den im Rahmen dieser Fernseh-Fahndung gewonnenen Erkenntnissen gehen die Mordermittler derzeit nach.

„Unter den bisherigen Verweigerern waren Personen, die Bedenken hatten, der Polizei ihre DNA zu geben“, berichtet Polizeisprecher Scholten. Derartige Bedenken müssten die Ermittler sehr ernst nehmen. In langen und – falls erforderlich – auch wiederholten Gesprächen versuche man zunächst die Bedenken zu zerstreuen. Dabei werde sehr individuell auf die Bürger eingegangen. Sollte es bei dem „Nein“ zu einem freiwilligen Speicheltest bleiben, bestehe jedoch die Möglichkeit, über die Staatsanwaltschaft einen richterlichen Beschluss für eine DNA-Probe zu erwirken. „Sobald wir bislang diese Beschlüsse erwirkt hatten, gab es keine weitere Verweigerung“, sagte Scholten unserer Redaktion.

Angesichts dieser sehr geringen Anzahl von Beschlüssen in Relation zu den freiwillig abgegebenen Proben gehe die Polizei unverändert von einer sehr hohen Zustimmung zur erneuten Testreihe aus. Wichtig: Die Verweigerer seien nicht die letzten noch offenen Fälle. Scholten machte diese Rechnung auf: Man werde am Ende voraussichtlich bei rund 2400 Speicheltests landen. Rund 1400 Proben seien bereits ausgewertet worden – allesamt waren negativ – keine Übereinstimmung! Von den verbleibenden 1000 Proben lägen bereits rund 600 beim Landeskriminalamt in Düsseldorf. Hier würden nicht nur die Laboruntersuchungen neben der täglichen Arbeit erledigt. „Zu jeder Probe muss anschließend auch ein kleines Gutachten geschrieben werden“, erläutert Scholten.

Die dann noch übrigen rund 400 Männer seien entweder bereits verstorben, so dass nahe Angehörige um eine freiwillige Speichelprobe gebeten werden müssten. Hilfsweise könne ein Abgleich auch mit medizinischen Unterlagen erfolgen. Dies brauche jedoch Zeit und erfordere Sorgfalt und Sachkenntnis. Oder aber die Männer seien ins Ausland verzogen. So bemühe man sich derzeit in der Schweiz, in den USA, in Spanien, den Niederlanden und in der Türkei darum, Personen ausfindig zu machen oder mit den lokalen Behörden zusammen zu arbeiten. „Da die nationalen Systeme zum Melderecht sehr unterschiedlich aufgestellt sind, gleichen diese Ermittlungen einer Sisyphos-Arbeit. Sie erforderten viel Einsatz.

Aus diesem Grund will die MK Ruf auch keinen fixen Schlusstermin für den seit Monaten laufenden DNA-Abgleich nennen. Tendenziell rechne man damit, die Untersuchungen gegen Ende Juni 2020 abschließen zu können. Ausdauer und Aufmerksamkeit dürften im Mordfall Claudia Ruf nicht nachlassen.

Rückblick: Am Samstag, 11. Mai 1996, verließ die damals elf Jahre alte Claudia Ruf gegen 18.15 Uhr ihr Elternhaus in Grevenbroich-Hemmerden. Sie wollte nur kurz mit dem Hund der Nachbarn Gassi gehen. Gegen 18.50 Uhr kam der Hund alleine zurück, ohne das Mädchen. Zunächst die Eltern und Nachbarn, später mehr als 100 Polizeibeamte suchten in Hemmerden vergeblich nach Claudia Ruf. Ihr Leichnam wurde zwei Tage später, am Montag, 13. Mai, von Spaziergängern entdeckt. Er lag etwa 70 Kilometer entfernt von Hemmerden auf einem Wirtschaftsweg zwischen den Ortschaften Euskirchen-Oberwichterich und Zülpich-Wichterich. Um Spuren zu verwischen, hatte der Täter den Körper des ermordeten Mädchens mit Benzin übergossen und angezündet.

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