Prozess in Köln Missbrauchskomplex Wermelskirchen – Babysitter steht ab Dezember vor Gericht

Wermelskirchen/Köln · Der Hauptverdächtige im Missbrauchskomplex Wermelskirchen muss sich bald vor dem Kölner Landgericht verantworten. Es geht um mehr als 20 Opfer und 124 erschütternde Fälle.

 Der Angeklagte lebte bis zur Festnahme in einem Einfamilienhaus in Wermelskirchen.

Der Angeklagte lebte bis zur Festnahme in einem Einfamilienhaus in Wermelskirchen.

Foto: Christian Schwerdtfeger

Im Tatkomplex Wermelskirchen startet am 6. Dezember der Prozess gegen den Hauptverdächtigen vor dem Landgericht Köln. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage. Dem 45-jährigen Mann aus Wermelskirchen wird sexuelle Gewalt gegen Kinder vorgeworfen. Die Anklage listet insgesamt 124 Taten, in 99 Fällen geht es um den sexuellen Missbrauch von Kindern.

Die Taten soll der Mann zwischen März 2005 und September 2019 begangen haben. Seine Masche war perfide: Er soll sich als Babysitter angeboten und etwa über Online-Plattformen Kontakt zu den Familien der Opfer bekommen haben. Insgesamt ist von 23 direkten oder indirekten Opfern die Rede: Laut Gericht soll der Mann an 13 Kindern im Alter von elf Monaten bis 13 Jahren selbst Taten begangen haben. Dazu kommen drei Fälle von Taten gegen 14-jährige Jungen, die somit als Jugendliche und nicht mehr als Kinder gelten. Bei sieben Opfern im Kindesalter soll er sich Beihilfe- und Anstiftungstaten schuldig gemacht haben. 89 der 99 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern gelten laut Landgericht als schwere Fälle. In neun dieser Fälle soll der Mann Aufnahmen des Missbrauchs gemacht haben.

In 15 Fällen geht es um Vorwürfe der Beihilfe zu „erheblichen Missbrauchstaten anderer Personen“. Die zehn weiteren Fälle betreffen kinderpornografische Schriften oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei denen die Opfer jugendlich waren. Sein Verteidiger kündigte an, der 45-Jährige werde im Prozess ein umfassendes Geständnis ablegen.

Spezialkräfte hatten den Mann im Dezember 2021 festgenommen. Ermittler stellten gewaltige Mengen Bilder und Videos sicher. 60 Ermittler arbeiten im Kölner Polizeipräsidium in der BAO „Liste“, die für den Fall gegründet wurde. BAO steht für „Besondere Aufbauorganisation“, ein großes Ermittlerteam mit einer speziellen Befehlsstruktur, wie die Polizei sie sonst nur bei Geiselnahmen oder Terroranschlägen nutzt. Zehn Ermittler sind allein damit beschäftigt, die Unmengen an Bildern, Videos und Chats zu sichten und auszuwerten. Der Beschuldigte hatte allein auf einer Festplatte 3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen.

Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer sind in dem gesamten Komplex durch die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) bislang 132 Verfahren gegen 129 Beschuldigte eingeleitet worden. 111 Verfahren gegen 113 Beschuldigte sind an Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland (alle Bundesländer bis auf das Saarland) sowie auch nach Kanada und Großbritannien abgegeben worden. Auf die Spur der weiteren Verdächtigen waren die Ermittler unter anderem durch die Auswertung von Chats gekommen. Das Volumen der sichergestellten Daten liegt bei mehr als 30 Terabyte. „Die Auswertungen dauern unvermindert an“, sagte Bremer.

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