Pädokriminelle in Münster Zahl der Missbrauchsopfer und Täter hat sich erhöht

Düsseldorf/Münster · Im Kindesmissbrauchsfall Münster hat sich die Zahl der Opfer verdoppelt und der Tatverdächtigen auf 18 erhöht. Das sagte NRW-Innenminister Reul im Düsseldorfer Landtag. Reule forderte zudem Untersuchungshaft für Beschuldigte auch ohne die „klassischen Haftgründe“.

 Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht über ein Projekt bei der Polizei. (Symbolbild)

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht über ein Projekt bei der Polizei. (Symbolbild)

Foto: dpa/Caroline Seidel

Inzwischen gebe es 18 Tatverdächtige und sechs identifizierte Opfer im Kindesalter, teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags mit. Sieben Verdächtige säßen nach wie vor in Untersuchungshaft.

Zunächst waren drei Opfer im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren ermittelt worden. Hinzu kamen nach Angaben der Polizei zwei Kinder, deren Väter Anzeige erstattet hätten. Die Anzeigen richteten sich nicht gegen den 27 Jahre alten Hauptverdächtigen, der bereits zweimal wegen des Besitzes von Kinderpornografie vorbestraft ist. Im Fall des sechsten Opfers werde noch ermittelt, sagte ein Sprecher der Polizei.

Die Zahl der Tatverdächtigen in dem Anfang Juni öffentlich gewordenen Fall stieg inzwischen um sieben auf 18. Unter ihnen können nach dpa-Informationen auch beteiligte Personen sein, denen man zunächst keinen konkreten Missbrauch nachweisen kann. Die Verdächtigen kommen aus mehreren Bundesländern.

Die Ermittler setzen den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Suche und Identifizierung der Opfer, um sie zu befreien. Mangels ausreichender Kapazitäten bleiben dadurch aber andere Fälle von Kinderpornografie liegen. „Die Beamten müssen sich fragen, welchen Fall bearbeite ich jetzt, welchen später? Bei der Entscheidung geht es immer um den Schutz von Kindern, wo kann Leid der Kinder verkürzt werden“, sagte Reul.

Der Schlüssel beim Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie liegt laut Reul bei mehr Personal und mehr Technik. „Mehr Fälle heißt mehr Arbeit. Die Ressourcen sind endlich. Wir finden nicht genug Leute“, sagte Reul.

Zudem sprach sich Reul für ein schärferes juristisches Vorgehen im Falle mutmaßlichen Kindesmissbrauchs aus. Es sei nötig, Beschuldigte im Zusammenhang mit einem möglichen sexuellen Missbrauch von Kindern auch dann in Untersuchungshaft zu nehmen, wenn „keine der sogenannten klassischen Haftgründe“ vorliegen, sagte er am Mittwoch im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtages.

Schwere Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder müssten als Schwerstkriminalität behandelt werden, denn solche Delikte seien ein „Mord an Kinderseelen“, betonte der Minister. Zugleich begrüßte er, dass die Forderung nach einer Strafverschärfung nun auch in der Bundesregierung Unterstützung finde.

Reul berichtete, dass eine Festplatte auf dem Rechner des 27-jährigen Hauptverdächtigen von der Polizei in Coesfeld zufällig entschlüsselt werden konnte. Auf dem Speicher fanden die Ermittler Bilder von schweren sexuellen Missbrauch. Die Beamten hätten per Fleißarbeit auf einem Handy gefundene Passwörter eingegeben und seien damit erfolgreich gewesen. Der entscheidende Tipp war zuvor vom Landeskriminalamt auf einen Betrieb in Coesfeld gekommen, wo der Hauptverdächtige als IT-Experte arbeitete.

Der Minister verwies darauf, dass die polizeilichen Ermittlungen in solchen Fällen sehr umfangreich seien. So sei in dem Münsteraner Fall Datenmaterial von mehr als 400 Terabyte sichergestellt worden - das seien über 2,6 Milliarden Din-A-4-Seiten oder 520.000 Aktenschränke.

Bislang gab es in dem Anfang Juni öffentlich gewordenen Fall Festnahmen von elf Tatverdächtigen aus mehreren Bundesländern, sieben sitzen in Untersuchungshaft. Die drei Opfer sind zwischen fünf und zwölf Jahren alt.

(chal/dpa/epd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort