Missbrauch auf Campingplatz in Lügde Komplizen könnten große Datenmengen gelöscht haben

Lügde · Im Missbrauchsfall von Lügde ist noch vieles unklar. Aktueller Stand: Gegen sechs Personen wird ermittelt, drei von ihnen sind dringend tatverdächtig. Wurden auch noch schnell Daten gelöscht?

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Campingplatz in Lügde Tatort in Fällen von Kindesmissbrauch

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Im Fall des vielfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde wird auch gegen eine Person wegen des Verdachts der Datenlöschung ermittelt. Geprüft werde, ob diese Person für einen der drei Hauptverdächtigen Daten vernichtet hat und ob damit eine Bestrafung verhindert werden sollte, sagte Oberstaatsanwalt Ralf Vetter am Freitag auf Anfrage. Gegen den Verdächtigen führe man ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung.

Daneben richteten sich die Ermittlungen aber auch gegen drei weitere Verdächtige, darunter die Person, die womöglich Daten löschte. Und bei den zwei übrigen Verdächtigen hätten sich „Hinweise auf mögliche Unterstützungsleistungen“ ergeben, erläuterte Vetter. In diesen zwei Fällen bestehe „allenfalls noch ein geringer Tatverdacht wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern.“ Auch dieser Sachverhalt werde „weiter aufgehellt und ausermittelt“. Zum Kreis der drei Personen machte Vetter aus „ermittlungstaktischen, aber auch aus Persönlichkeitsschutzgründen“ keine genaueren Angaben. Sie sind auf freiem Fuß.

Auf einem Campingplatz von Lügde sind nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler über eine Zeitraum von zehn Jahren zahlreiche Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden. Zwei der Hauptverdächtigen sollen die Gewalttaten verübt und gefilmt haben, einer soll Auftraggeber gewesen sein. Bislang sind 31 minderjährige Opfer identifiziert, darunter auch Kleinkinder. Der Fall war Ende 2018 aufgeflogen. Die Ermittler werten nach eigenen Angaben rund 13 000 Dateien mit Kinderpornografie aus.

Parallel dazu wird auch das Verhalten der Behörden untersucht. Die Staatsanwaltschaft in Detmold ermittelt gegen zwei Polizeibeamte, die nach Hinweisen im Jahr 2016 zwar die Jugendämter informierten, aber sonst nicht tätig geworden sein sollen. Außerdem wird bei mehreren Mitarbeitern der Jugendämter der Kreise Lippe und Hameln-Pyrmont geprüft, ob sie ihre Fürsorgepflicht verletzten.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm - Aufsichtsbehörde der Detmolder Staatsanwaltschaft - sieht in einer ersten Bewertung allerdings derzeit keine ausreichenden Gründe für Ermittlungen gegen die beiden Polizisten und Jugendamtsmitarbeiter. „Das ist aber ein vorläufiger Sachstand, es ist nichts in Beton gegossen“, sagte ein Sprecher am Freitag in Hamm. Man habe in Detmold um einen weiteren Bericht gebeten und werde dann abschließend bewerten.

Reul hatte im Landtag von Behördenversagen gesprochen. Familienminister Joachim Stamp (FDP) sagte im „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag), er sehe Defizite im Umgang der Jugendämter mit Verdachtsfällen. Es fehle die Expertise, um Anzeichen für Missbrauch zu erkennen. Die personelle Ausstattung der 186 Jugendämter und ihre Qualifikation für Prävention sollten überprüft werden.

(mba/dpa)
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