Mönchengladbach Microsoft fotografiert Gladbach

Mönchengladbach · Der Konzern gab jetzt bekannt, dass im November und Dezember Kamera-Autos durch die Stadt rollen werden. Sie machen Bilder von Straßenzügen für den Internetdienst Streetside. Häuser können auf Antrag unkenntlich gemacht werden. Die erste Widerspruchsfrist ist aber gerade abgelaufen.

Bing Streetside: Was Verbraucher tun können
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Foto: dapd

Nur 80 818 Bundesbürger haben vorab dagegen widersprochen, dass ihre Häuser im neuen Internetdienst Bing Maps Streetside von Microsoft gezeigt werden. Bei Google Street View hatte es vor Jahresfrist mehr als dreimal so viele Einsprüche gegeben. "Im Vergleich mit anderen Services ist die Akzeptanz für unseren Dienst groß", ließ das Unternehmen über seine Managerin Dorothee Ritz gestern mitteilen. Allerdings könnte die niedrige Zahl auch einen ganz anderen Hintergrund haben: Am 1. Oktober hat Microsoft zuletzt den Zeitplan für seine Kamerafahrten aktualisiert, seitdem erst taucht Mönchengladbach überhaupt in der Liste auf. Die Widerspruchsfrist lief allerdings just tags zuvor, am 30. September, aus. Aus der Vitusstadt, ebenso wie aus Regensburg, Würzburg und Bergisch Gladbach, dürfte es also kaum Widersprüche gegeben haben, da die Bürger im Zweifelsfall nicht einmal wussten, dass Microsoft in ihre Stadt kommt. Denn die zu fotografierenden Kommunen und Regionen veröffentlicht der Konzern nur tröpfchenweise. Die wichtigsten Fragen zu Streetside:

Wann kommt Microsoft nach Gladbach? Im November und Dezember sollen die Fahrzeuge durch die Vitusstadt rollen. Sie sind zu erkennen an den Logos von Microsoft, Bing und Navteq, einem Anbieter digitaler Karten, Verkehrs- und Standortdaten, der die Aufnahmen im Auftrag von Microsoft macht.

Was wird fotografiert? Eine 360-Grad-Panoramakamera auf dem Dach der Fahrzeuge soll vornehmlich Straßen mit Geschäften und Plätze von öffentlichem Interesse erfassen. Die Position der Kamera gewährleistet, dass die Fotos hinterher eine Blickperspektive auf Augenhöhe ermöglichen. "Gelegentlich", heißt es, würden auch Wohngebiete abgefahren. Dabei werden auch Hausfassaden fotografiert.

Wie funktioniert Streetside? Im Prinzip so ähnlich wie Google Street View: Nutzer haben die Möglichkeit, sich virtuell durch eine 3-D-Ansicht in der Stadt zu bewegen und etwa Geschäfte zu betrachten.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Microsoft beteuert, eine "branchenführende Bildverarbeitungssoftware" entwickelt zu haben, die Gesichter und Autokennzeichen automatisch unkenntlich macht ("verpixelt").

Wieso ist die Frist für Vorab-Widersprüche bereits abgelaufen? Eigentlich hatte der Konzern gar nicht vorgehabt, schon vor der Bereitstellung des Dienstes Widersprüche anzunehmen. Um der "gesellschaftlichen Diskussion um die Geodatendienste" Rechnung zu tragen — sprich auf Druck von Datenschützern — schwenkte Microsoft dann im Juni um und ermöglichte in der Zeitspanne vom 1. August bis zum 30. September Vorab-Widersprüche.

Kann man sein Haus trotzdem noch pixeln lassen? Ja. Zu Bildern, auf denen Gesichter oder Personen, Wohnhäuser, Autos, Gewalttaten, nackte Menschen oder Gesetzwidrigkeiten zu sehen sind, will das Unternehmen berechtigte Anfragen berücksichtigen und darauf reagieren. Allerdings erst wieder, sobald der Dienst freigeschaltet ist und die Bilder im Internet verfügbar sind.

Verletzt Streetside die Privatsphäre? Das kommt auf das eigene subjektive Empfinden an. Erfahrungen mit Google Street View etwa in Düsseldorf haben gezeigt, dass die erste Aufregung sich schnell legte. Vielmehr begannen Firmen, die Plattform zu Werbezwecken zu nutzen, und es kam zu kuriosen Effekten, wenn etwa Kleinunternehmer die Hausfassade eines Konkurrenten pixeln ließen, damit diese nicht mehr zu sehen war. Wer jedoch ein mulmiges Gefühl dabei hat, dass sein Haus weltweit zu betrachten ist, sollte sicherheitshalber Einspruch einlegen.

Wie, wann und wo kann man Einspruch einlegen? Nach der Veröffentlichung des Dienstes. Es soll dann möglich sein, im Internetbrowser Gebäude auf dem Foto direkt zu markieren. Parallel dazu soll es auch ein Formular zum Herunterladen geben. Wann Streetside für Deutschland online geht, wurde noch nicht kommuniziert. Ursprünglich war Oktober angegeben worden, die ersten Aufnahmen aus Augsburg, Nürnberg, Fürth und Erlangen, die im Mai gemacht wurden, sind jedoch noch nicht online.

Werden neben Bildern noch weitere Daten gesammelt? Ja, und besonders in diesem Punkt werden Datenschützer hellhörig: Microsoft und Navteq erheben auch Daten von verfügbaren Funknetzen. Für eine ähnliche Praxis war im letzten Jahr bereits Google heftig kritisiert worden. Man erfasse die Daten nur, um die Qualität von Diensten, die Geolokalisierung einsetzen, zu verbessern — so dass sich deren Kunden etwa noch in der U-Bahn dreidimensional und lebensecht anschauen können, in welchem Lokal sie gleich einen Kaffee trinken möchten. "Explizit von der Erfassung ausgeschlossen" seien alle Daten, die Rückschlüsse auf private Informationen Einzelner ermöglichen, etwa Verschlüsselungstypen und Namen von WLAN-Netzen.

Kann man sich Streetside schon ansehen? Ja, unter www.bing.com/maps/explore. Gibt man dort etwa "Piccadilly Circus, London" oder "Times Square, New York" ein, erhält man einen Eindruck davon, wie der Dienst aussieht und funktioniert. Insgesamt sollen bis Ende 2012 so 50 deutsche Städte und Regionen virtuell begehbar werden.

(RP)
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