Niederländischer Miniterpräsident in NRW Mark Rutte zu Besuch bei Nachbarn und Freunden

Essen · Currywurst gegen Frikandel? Alte Klischees bleiben beim Besuch des niederländischen Ministerpräsidenten in NRW außen vor. Statt um Unterschiede geht es um gemeinsame Interessen. Und die gibt es reichlich.

 Hannelore Kraft und Mark Rutte in einem Aufzug in der Zeche Zollverein.

Hannelore Kraft und Mark Rutte in einem Aufzug in der Zeche Zollverein.

Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Mit Blick auf den imposanten Förderturm der Zeche Zollverein empfängt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hohen Besuch. Dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte zeigt sie gerne das ehemalige Industriegelände, immer wieder muss die Unesco-Welterbestätte zum Symbol des gelungenen Strukturwandels herhalten.

Beim genauen Hinsehen ist Zollverein aber auch Sinnbild, für die fast selbstverständlich gewordene Freundschaft zwischen NRW und dem niederländischen Nachbarn. Spuren der erfolgreichen grenzüberschreitenden Kooperation finden sich aller Orten. Der niederländische Architekt Rem Koolhaas plante den Umbau der Kohlenwäsche, die heute Museum ist. Im Red-Dot-Design-Museum gibt es vom Essgeschirr zum Autokindersitz etliche Beispiele niederländischer Produktdesigner. Auf Zollverein ist ein Forschungszentrum zu Magnetresonanztomographie ansässig, das nur möglich wurde, weil zwei Universitäten dies- und jenseits der Grenze gemeinsam in die teure Forschungstechnik investierten.

Lang ist die Liste der Felder, in denen NRW und die Niederlande schon jetzt intensiv miteinander verwoben sind. Die Niederlande sind wichtigster Handelspartner von NRW, viele Hochschulen kooperieren, Tausende pendeln über die Grenze zur Arbeit, gehen zum Studieren in die Niederlande. Reisende aus beiden Ländern verbringen gerne Urlaube und Kurztrips beim jeweiligen Nachbarn.

Dabei sei der politische Austausch zwischen den Regierungschefs von NRW und den Niederlanden nicht immer mit solcher Intensität betrieben worden, wie jetzt unter Kraft, sagt der Niederlande-Experte Professor Friso Wielenga, Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien in Münster. Und nicht immer sei den Niederländern bewusst gewesen, wie wichtig das Bundesland für die nationalen Angelegenheiten der Niederlande ist.

Nach der deutschen Wiedervereinigung verschob sich die Aufmerksamkeit weiter nach Osten, der Regierungssitz wanderte nach Berlin. "In dem Moment als auch Nordrhein-Westfalen sich die Frage stellen musste, ob es im vereinten Deutschland an Bedeutung verlieren würde, begann man, die westlichen Niederlande als Partner zu entdecken." Erst Anfang der 1990er Jahre unter Rau, später noch intensiver unter Clement, bemühte sich Düsseldorf um Kontakt auf Augenhöhe, sagt Wielenga.

Auch wenn es dauerte, weil in den Niederlanden das Wissen über die föderalen Strukturen in Deutschland fehlte: "Längst haben die Niederländer auch begriffen, dass für sie in vielen Bereichen der Zusammenarbeit die Musik in Düsseldorf und nicht in Berlin spielt", erläutert Wielenga. "NRW bildet zusammen mit Benelux und Nordfrankreich einen einzigartigen, dicht besiedelten nordwesteuropäischen Wirtschafts- und Kulturraum."

Das wissen auch Rutte und Kraft, wenn sie bei ihrem Besuch auf Zeche Zollverein die gute Nachbarschaft beschwören. Die grell-orange Farbgebung von Rolltreppe und Wänden im Ruhrmuseum auf Zeche Zollverein symbolisiert zwar glühenden Stahl, an diesem Tag lässt sie Raum für "Oranje"-Spekulationen - als Zeichen der besonderen Freundschaft.

(lnw)
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