Diskussion um Gewalt bei Großdemo Keine Schwerverletzten in Lützerath — Aktivisten korrigieren sich
Lützerath · Das Bündnis „Lützerath lebt“ hat die Angaben über lebensgefährlich verletzte Aktivisten revidiert. Die Aussage sei einem subjektiven Eindruck geschuldet gewesen. NRW-Innenminister Herbert Reul spricht von mehr als 100 verletzten Polizisten.

Die letzten Tage von Lützerath – eine Chronologie
Die Zahl der verletzten Aktivisten bei dem Zusammenstoß von Polizei und Demonstranten am Samstag bei der Großkundgebung bei Lützerath ist niedriger als zunächst behauptet. Eine Sprecherin des Sanitätsdienstes der Demonstranten hatte am Sonntag gesagt, es sei eine „hohe zweistellige bis dreistellige Zahl“ von Teilnehmern verletzt worden. Darunter seien viele schwerverletzte und einige lebensgefährlich verletzte Menschen gewesen. Nach Polizei-Angaben wurden dagegen lediglich neun Aktivisten mit Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.
Das Bündnis „Lützerath lebt“ hat nun die Angaben der Demo-Sanitäterin revidiert. Florian Özcan, Sprecher des Bündnisses, sagte der „Süddeutschen Zeitung“, dass es zum Glück keine lebensgefährlich Verletzten gebe. Es gehe nicht darum, „Sachen schlimmer darzustellen, als sie waren“. Die Demo-Sanitäterin habe ihren subjektiven Eindruck weitergegeben.
Ein Sprecher des Kreises Heinsberg erklärte, zur Zahl der Schwerverletzten könne keine verlässliche Aussage getroffen werden, da nicht bekannt sei, wie viele durch den Rettungsdienst transportierte Patienten stationär in den Krankenhäusern aufgenommen werden mussten und was die medizinische Bewertung in den unterschiedlichen Fällen ergeben hätte. Einen so genannten Massenanfall von Verletzten habe es nicht gegeben. „Insgesamt wurden am Samstag im Zusammenhang mit der Großdemonstration in Lützerath nach unseren Erkenntnissen 14 Patienten durch den Rettungsdienst in umliegende Krankenhäuser gebracht“, erklärte der Sprecher. Unter den Verletzten seien Demonstrationsteilnehmer und Polizisten gewesen. Schwerstverletzte oder Menschen mit lebensbedrohlichen Verletzungen habe es nach Erkenntnissen des Kreises nicht gegeben.
Die Demonstranten hatten auch behauptet, dass ein Rettungshubschrauber im Einsatz gewesen sei. Laut dem Sprecher des Kreises Heinsberg sei dies nicht der Fall gewesen. Auch sei der Rettungsdienst während der Einsätze im Umfeld der Großdemonstration weder behindert oder blockiert worden. „Herausfordernd war die Einsatzsituation aufgrund der großen Menschenmenge und der schlechten Befahrbarkeit des Areals sowie vor allem aufgrund der Vielzahl von nahezu gleichzeitigen Hilferufen ab 14.27 Uhr“, sagte der Sprecher. Im Verlauf des Samstagnachmittags wurde deshalb überörtliche Hilfe aus dem Rhein-Erft-Kreis und aus Mönchengladbach angefordert.
Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte, dass insgesamt mehr als hundert Polizisten verletzt worden seien. „Allerdings wurden viele nicht in Auseinandersetzungen verletzt“, sagte Reul der „Bild“-Zeitung. „Einige Verletzungen rühren schlicht von den örtlichen Gegebenheiten.“ Reul betonte zudem, dass man vorsichtig mit „unbelegten“ Gewaltvorwürfen gegen die Polizei sein müsse: „Ich bin nicht bereit, diese pauschalen, unbelegten Schilderungen zu akzeptieren, die von Kopfschlägen gegen Demonstranten handeln. Diese Vorwürfe muss man belegen.“ Insgesamt seien seit Beginn der Räumung rund 200 Anzeigen gegen Besetzer und Demonstranten geschrieben worden, bei den Straftaten gehe es unter anderem um Körperverletzung, Widerstand, Landfriedensbruch und Diebstahl.