NRW Lkw-Unfall: Schon wieder ein Toter

NRW · Auf der Autobahn 2 zwischen Hamm und Bönen ist gestern ein Sattelzug auf ein Stauende aufgefahren. Wie Spielzeug schob er zwei weitere Lkw vor sich her, der Unglücksfahrer starb. Damit kamen 2008 auf den Straßen in NRW schon 20 Menschen bei Lkw-Unfällen ums Leben.

So viele Menschen sterben bei Lkw-Unfällen
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Foto: ddp

Ein Toter, ein Verletzter, rund 250.000 Euro Sachschaden: Das ist die Bilanz des schweren Unfalls gestern Morgen auf der Autobahn 2 zwischen Hamm und Bönen. Was war passiert? Nach Auskunft des Dortmunder Polizeipräsidiums waren gegen halb neun zwei Sattelzüge und ein Lkw mit Anhänger ineinander gefahren.

Ein Fahrer erlag noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Die Aufräumarbeiten dauerten bis in den Nachmittag hinein, die Fahrbahn musste in Richtung Oberhausen voll gesperrt werden. Zum Teil standen Autofahrer in Fahrtrichtung Hannover in einem bis zu 14 Kilometer langen Stau.

Bei dem Unfall hatte ein 52-jähriger polnischer Fahrer eines Sattelzugs auf dem rechten Fahrstreifen an einem Stauende angehalten. Unmittelbar hinter ihm stoppte ein 44-Jähriger aus Duisburg seinen Lkw mit Hänger. Nach einiger Zeit, so die Polizei, sei ein 58-Jähriger aus Schwäbisch Hall mit seinem Sattelzug auf den Lkw des am Stauende stehenden Duisburgers aufgefahren. Der Duisburger wurde auf den Sattelzug des vor ihm stehenden Polen geschoben. Bei dem Unfall erlitt der 58-Jährige aus Schwäbisch Hall so schwere Verletzungen, dass der Notarzt des Rettungshubschraubers nur noch den Tod feststellen konnte. Der Duisburger wurde bei dem Unfall leicht verletzt. Zudem wurde der Wagen einer 54-jährigen Frau aus Lippstadt von umherfliegenden Fahrzeugteilen getroffen.

Ob der Unglücksfahrer das Stauende gar nicht oder zu spät bemerkte oder aus technischen Gründen nicht anhalten konnte, ist noch unklar. Für den 14 Kilometer langen Stau auf der Gegenfahrbahn seien allerdings nicht die Bergungsarbeiten verantwortlich, sondern die zahlreichen Schaulustigen, teilte die Polizei gestern mit. Sie wären in Höhe der Unfallstelle mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, um vom Auto aus mit Handys und Digitalkameras Fotos zu machen.

Damit starben in NRW allein in diesem Jahr bereits 20 Menschen durch Unfälle, bei denen Lkw auf Stauende auffuhren. Bereits bei den letzten schweren Unglücken forderten Experten den Einsatz von Fahr-Assistenz-Systemen, die stehende Hindernisse erkennen und im Notfall bremsen sollen. Man müsse "alle technischen Möglichkeiten nutzen", so Innenminister Ingo Wolf. Allein im ersten Halbjahr 2007 seien bei über 300 Zusammenstößen Lkw teils ungebremst auf Stauenden aufgefahren. Auch die Spediteure hoffen auf ein System, das stehende Fahrzeuge erkennt und akustisch warnt. "Damit ließe sich die Zahl der Unfälle deutlich reduzieren", sagt Marcus Hover vom Verband Verkehrswirtschaft und Logistik NRW. Das Innenministerium appelliert an Transportunternehmen, die Systeme einzusetzen. Eine europaweite Einbaupflicht wird in Brüssel diskutiert.

Die Autobahn 2 gilt als klassische Transit-Strecke. Zwischen Dortmund und Hannover passieren täglich zahlreiche Lkw die Baustellen rund um das Kamener Kreuz. Erst vor drei Wochen war dort ein schwerer Unfall passiert. Dabei hatte der Fahrer eines Sattelzugs offenbar das Stauende übersehen. Lkw und Pkw wurden ineinandergeschoben, fünf Menschen starben, sechs wurden verletzt. Die A 2 wird im Augenblick sechsspurig ausgebaut, die Bauarbeiten dauern wohl mindestens bis in den Herbst 2009.

Hoffnung, dass das Lkw-Aufkommen im Land künftig sinken wird, gibt es nicht: Schon jetzt legen Lkw an jedem Werktag mehr als 26,1 Millionen Kilometer auf NRW-Autobahnen zurück. Bis 2025, so die Prognosen, wird der Lkw-Verkehr bundesweit wohl noch um 84 Prozent steigen. Auch die geplante Erhöhung der Lkw-Maut, heißt es beim Logistikverband, werde nicht zu weniger Fahrten führen.

Dass weitere Unglücke geschehen, ist wahrscheinlich: Im Sommer passieren zahlreiche Urlauber die Dauer-Baustellen auf den Autobahnen, davor bilden sich lange Staus. Der ADAC rät Autofahrern am Stauende, die Warnblinkanlage einzuschalten und den Verkehr im Rückspiegel aufmerksam zu beobachten. "Wenn einer angefahren kommt, ohne zu bremsen, sollte man auf eine andere Spur oder den Standstreifen ausweichen", rät Andreas Hölzel vom ADAC. "Das setzt voraus, dass man genug Abstand zum Vordermann hat, um im Notfall manövrieren zu können."

(RP)
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