Nach Kritik an Trainingsmethoden Leckerli statt Elektroschocks - Hundeausbildung bei der Polizei

Schloss Holte-Stukenbrock · Verdachtsfälle brutalen Hundetrainings bei der Kölner Hundestaffel erschüttern die Polizei in NRW. Unter den Ausbildern ist man der Überzeugung: Nur Vertrauen und Spieltrieb machen einen zuverlässigen Schutzhund.

 Polizeihunde sollen in Nordrhein-Westfalen ohne brutalen Zwang und Unterwerfung ausgebildet werden.

Polizeihunde sollen in Nordrhein-Westfalen ohne brutalen Zwang und Unterwerfung ausgebildet werden.

Foto: dpa, sei tmk

Lilly knurrt, Lilly bellt, Lilly beißt sich im Arm des vermeintlichen Angreifers fest. Sie ist Hündin im Dienste der Polizei NRW. Ihre Aufgabe: Täter aufspüren, stellen und die Beamten beschützen. So angriffslustig sie im einen Moment wirkt, so gehorsam legt sie sich zu Boden, als ihr Herrchen Joachim Bührmann das Kommando dazu gibt. Lilly weiß: Zum Dank für ihre Fügsamkeit gibt es ein Leckerli und das wohlwollende Tätscheln ihres Hundeführers.

"Nur positive Verstärkung machen aus einem Hund ein verlässliches Einsatzmittel", betont Uwe Thieme, als Polizeidirektor beim Landesamt für Ausbildung der nordrhein-westfälischen Polizei auch zuständig für das Diensthundewesen im Land. An diesem Dienstag gewährt er Einblicke in den Ablauf und die Methoden bei der Schutzhundausbildung.

Mit dieser Medienoffensive wollen die Diensthundeausbilder vermeiden, wegen schäbiger Verdachtsfälle in Verruf zu geraten: In Köln geht die Polizei in internen Ermittlungen gegen Kollegen der dortigen Hundestaffel vor. Ihnen wird vorgeworfen, ihre Diensthunde mit brutalen Trainingsmethoden fügsam gemacht zu haben. Die Rede ist von seit 2006 verbotenen Elektroschock-Halsbändern, von einer harten Gangart bei der Erziehung, um schnelle Erfolge zu erzielen.

Ein Streit über Unterwerfungsmethoden war unter den 20 Hundeführern in Köln derart eskaliert, dass Vorwürfe des Mobbings bis hin zur sexuellen Belästigung derzeit in drei Disziplinarverfahren untersucht werden. Sechs Hundeführer wurden innerhalb der Behörde vorerst versetzt - ohne ihre Hunde. "Wir befinden uns in einem Stadium der Prüfung", sagt Victor Ocansey, Sprecher des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP), das den Vorfall untersucht.

Die verdächtige Gruppe eint, dass sie Seminare bei einem Münsteraner Polizisten und Betreiber einer privaten Hundeschule besucht hat. Alle zierten ihre Einsatzanzüge mit martialischen Aufnähern mit einem Logo, das auch von der Schule benutzt wurde: Ein Hund mit aufgerissenem Maul nebst Pistolenmündung. Die Erlaubnis seine Hundeschule weiterzuführen wurde dem Beamten aus Münster entzogen, auch gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren. Als Hundeprüfer und Trainer bei der Polizei werde er nicht mehr eingesetzt.

In der Folge habe das zuständige Landesamt die Hundeführer in ihren eigenen Reihen genau unter die Lupe genommen und festgestellt: "Es handelt sich, wenn überhaupt, über lokale Einzelfälle", sagt Thieme. Denn: "Wir stehen in Nordrhein-Westfalen für eine vollständig tierschutzgerechte Ausbildung von Hunden.". Jeder, der sich mit Hundeausbildung beschäftige wisse, dass Elektroschock-Halsbänder seit 2006 verboten seien, ergänzt LAFP-Hundetrainer Ralf Kamp.

Einen Hund kann man nicht durch Zwang brechen, ist er überzeugt. Tut man es doch, fehle das Vertrauen, das den Hund im Einsatz aber auch im Feierabend zum verlässlichen und sozialverträglichen Partner mache. "Die Hundewissenschaft sagt eindeutig, dass effektivste, was man machen kann, ist Lernen durch Erfolg", betont Kamp.

Dass Folgsamkeit auch spielerisch verinnerlicht werden kann, zeigt die Praxisdemonstration: Lilly und ihre tierischen Kolleginnen haben sichtlich Freude an der kleinen Schulstunde: Sie erschnüffeln Patronenhülsen im Gras, apportieren Gegenstände, folgen auf das Kommando "Fuß" jeder Bewegung ihres Herrchens.

Und sie stellen den versteckten "Einbrecher": Ein vom Kinn zum Fuß gepolsterter Mann soll in seinem Versteck ordentlich angebellt werden. Lilly fiept vor Freude als ihr Herr sie auf die Suche schickt. "Das ist die Erwartungshaltung. Sie will spielen und hat Freude an den Aufgaben. Der Einbrecher ist für sie jetzt nichts anderes als der große Ball", erklärt Kamp.

Schon hat sie ihn gefunden, sitzt und kläfft furchteinflößend. Gleich wird sie dankbar das Lob ihres Trainers entgegennehmen. "Dieser Hund befürchtet keine Schmerzen", sagt Kamp.

(lnw)
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