Laschet zur Flutkatastrophe „Es ist nichts schiefgelaufen mangels eines Krisenstabs“

Düsseldorf · Der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt. Auch sein Nachfolger Hendrik Wüst und der Chef der Staatskanzlei äußerten sich. Sie verteidigten die Rolle der Regierung.

 Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss.

Der ehemalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor dem Untersuchungsausschuss.

Foto: dpa/David Young

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat den Menschen in den von der Unwetterkatastrophe Mitte Juli betroffenen Gebieten weitere Hilfen zugesagt. Wüst nutzte seinen Auftritt als Zeuge im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (Pua) zur Flut, um den Opfern zu versichern: „Wir werden Sie nicht vergessen. Wir helfen auch weiter beim Wiederaufbau.“

Wüst musste seine Sicht auf die Ereignisse rund um das Sturmtief „Bernd“ als damaliger Landesverkehrsminister schildern. Sein Ministerium und der Landesbetrieb Straßen NRW seien für die Gefahrenabwehr nicht originär zuständig. „Der Landesbetrieb unterstützt aber Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte“, sagte Wüst. Hunderte Kräfte seien nach der Flutkatastrophe pausenlos im Einsatz gewesen. Viele seien über ihre Kräfte hinausgegangen. Teils sei mit Räumfahrzeugen Schutt beiseite geschafft worden.

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Foto: Christoph Reichwein (crei)

Wüst erklärte, er habe sich zum Zeitpunkt der Katastrophe im Urlaub befunden, habe diesen jedoch am 18. Juli abgebrochen und sei zurück nach Düsseldorf gereist. Er sei jedoch dauerhaft erreichbar gewesen. So habe er bereits am 14. Juli mit dem Leiter seines Ministerbüros telefoniert, um ein umfassendes Lagebild anzufordern, auch habe er mit dem Landrat des zu diesem Zeitpunkt besonders schwer getroffenen Märkischen Kreises, Marco Voge (CDU), gesprochen. Schon am 15. Juli habe er mit einem Erlass reagiert, der Lkw-Fahrten auch an Samstagen und Sonntagen ins Flutgebiet gestattete.

 Hendrik Wüst (r, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, unterhält sich vor Beginn der Anhörung mit Ralf Witzel (FDP), dem Ausschuss-Vorsitzenden.

Hendrik Wüst (r, CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, unterhält sich vor Beginn der Anhörung mit Ralf Witzel (FDP), dem Ausschuss-Vorsitzenden.

Foto: dpa/David Young

Der Ministerpräsident wies Vorwürfe zurück, dass seinem Haus zu spät Wetterdaten von anderen Ministerien zugeleitet worden seien. „Es gibt keine Situation, in der ein NRW-Verkehrsminister aufgrund von Wetterdaten persönlich Entscheidungen treffen muss. Die Verantwortlichen vor Ort sind in der Lage, die Entscheidungen zu treffen.“

Wüst verteidigte sich gegen scharfe Angriffe des SPD-Abgeordneten Ralf Jäger, dass zwei seiner Gruppenleiter erst ab Samstag, 17. Juli, an den Treffen des Koordinierungsgremiums im Innenministerium teilgenommen haben. Auch dies sei damit zu erklären, dass das Verkehrsministerium in erster Linie für den Wiederaufbau zuständig sei. Wüst beschrieb die Arbeit des Gremiums als reibungslos

Ihm sei bewusst, dass der Krisenstab auch durch den Ministerpräsidenten oder einen zuständigen Fachminister hätte einberufen werden können: „Ich halte die Bearbeitung des Themas in der Koordinierungsgruppe für nachvollziehbar.“

Wüsts Vorgänger, Armin Laschet erklärte bei seiner Vernehmung, die Entscheidung für den „kleinen Krisenstab“ sei gefallen, weil man dabei externe Kräfte wie die Bundeswehr oder die Telekom hinzuziehen konnte.

Der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, erklärte, er habe erste unspezifische Warnungen am Montag, 12. Juli, zwei Tage vor der Katastrophe, erhalten. Dabei habe es sich um eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur gehandelt. „Ich bat meine Mitarbeiter, mich über das Thema auf dem Laufenden zu halten.“ Am Dienstagmorgen habe ihm eine Mitarbeiterin Meldungen des DWD weitergeleitet, die sehr viel konkreter gewesen seien mit Warnungen für Rheinland-Pfalz und den Südwesten von NRW. „Aber eine Zerstörung dieses Ausmaßes und eine Todeszahl habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht angenommen“, so Liminski. Der zuständige Sprecher der SPD, Stefan Kämmerling, attackierte den Chef der Staatskanzlei daraufhin: „Es waren acht Warnungen in wenigen Stunden. Und trotz Ihrer Erkenntnislage haben Sie die Menschen im Land nicht gewarnt. Warum haben Sie das nicht gemacht?“ Es sei nicht üblich, dass er aufgrund einer Meldung den Fachminister anrufe, sagte Liminski. Nach diesem Tag mit gehäuften Warnungen habe er es dennoch getan: „Das ist mir ein Beleg dafür, dass ich das wahrgenommen habe.“ Li­minskis Ausführungen zufolge war der damalige Ministerpräsident Armin Laschet durch ihn wie durch andere Regierungsmitglieder ständig umfassend und fortlaufend informiert.

Laschet bestätigte das. Er erklärte, es habe nicht den Vorschlag gegeben, den großen Kristenstab einzusetzen. Die Koordinierungsgruppe als kleiner Krisenstab habe funktioniert. „Es war ein sehr effektives Gremium, das sehr gut funktioniert hat“, sagte Laschet in seiner mehrstündigen Befragung.

„Das, was ein Krisenstab leisten kann, hat dieses Gremium geleistet“, bekräftigte Laschet. Dieser „kleine Krisenstab“ habe den Vorteil gehabt, dass dort externe Experten etwa von Telekom und Technischem Hilfswerk teilnehmen konnten. Es habe sich um ein „gut eingespieltes und funktionierendes Expertengremium“ gehandelt, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) damals gelobt worden sei.

Die Arbeit habe auch ohne einen großen Krisenstab reibungslos funktioniert. „Es ist nichts schiefgelaufen mangels eines Krisenstabs“, sagte Laschet weiter.

Mit Material von dpa.

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