Kampf gegen Krach Landesregierung stellt Lärm-Atlas vor

Kampf gegen Krach · Bis zum Sommer müssen die Städte in NRW Konzepte entwickeln, wie die Geräuschpegel wirksam gesenkt werden können. Die Grünen werfen Umweltminister Uhlenberg (CDU) bewusste Verzögerung vor.

Das Ausmaß der Belästigung ist erschreckend: Zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland leiden unter Straßenlärm. Nach Angaben des Bundesumweltamtes ist bei 16 Prozent der Menschen der tägliche Geräuschpegel sogar so hoch, dass langfristige Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen sind. Es sei deshalb höchste Zeit für eine Trendwende im Kampf gegen den Lärm, fordert auch Nordrhein-Westfalens Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU).

Immerhin ist jetzt ein Anfang gemacht. Auf Betreiben der Europäischen Union wurde auch in NRW an vielen Stellen genau gemessen, wo es tagsüber und bei Nacht wie laut ist. Dabei geht es um starke Belastung durch Verkehr und Gewerbe. Erfasst wurden zunächst unter anderem die zwölf Ballungsräume Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Mönchengladbach und Wuppertal. Die Lärmmesswerte wurden in Karten verzeichnet, die jetzt zum ersten Mal im Internet eingesehen werden können.

Im Industrieland NRW mit seinem hohen Verkehrsaufkommen seien die Messarbeiten weitaus umfangreicher gewesen als in anderen Bundesländern, so Uhlenberg gestern bei der Vorstellung des neuen Internet-Portals. Neben den Ballungsräumen seien 3600 Kilometer Hauptverkehrsstraßen sowie zwei Großflughäfen (Düsseldorf und Köln/Bonn) erfasst worden. Insgesamt liegen jetzt für 270 Städte in NRW entsprechende Lärmübersichten vor.

Zu starke Lärmbelastung

Die Daten stehen auch interessierten Bürgern zur Verfügung. Sie können sich genau über den Lärmpegel in ihrer Umgebung informieren. Die Höhe der Belastung ist farblich gekennzeichnet. Laut Uhlenberg liegt die kritische Grenze bei einer Lärmbelastung von 70 Dezibel dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht. In nahezu allen Städten des Landes gebe es Straßen, wo diese Werte erreicht beziehungsweise überschritten würden. Die EU habe jedoch vor fünf Jahren, als sie die Richtlinie zur Erstellung von Lärmkarten beschlossen habe, auf die Festlegung von Grenzwerten verzichtet.

Die Erfassung der Daten über den so genannten Umgebungslärm sei aber nur ein erster Schritt, betonte Uhlenberg. Als Konsequenz daraus müssten die Kommunen nun Anti-Lärm-Konzepte entwickeln und konkrete Maßnahmen zur Geräuschminderung einleiten. Dabei drängt die Zeit. Die Aktionspläne müssen bereits bis zur Jahresmitte vorliegen. "Wir werden die Kommunen dabei nicht alleinlassen", versprach der Minister. Allerdings denkt er dabei nicht so sehr an Bares. Das Land wolle die Städte und Gemeinden administrativ und fachlich bei der Aktionsplanung beraten. In Duisburg und Oberhausen soll ein Pilotprojekt gestartet werden, um das Vorgehen bei der Aufstellung eines Lärm-Aktionsplans zu erproben. Ein besonderer Aspekt soll dabei auf der Verknüpfung mit der Planungen zur Luftreinhaltung liegen.

Kein Rechtsanspruch auf weniger Lärm

Uhlenberg hofft auch darauf, dass sich der Bund an den Kosten beteiligt. Allerdings warnt er vor zu großen Erwartungen: "Gerade aus Kostengründen wird nicht alles Wünschenswerte kurzfristig verwirklicht werden können." Ausdrücklich wies er darauf hin, dass die Bürger keinen Rechtsanspruch auf Lärmminderung besäßen.

Die Grünen warfen der Landesregierung unterdessen Verzögerung vor. "NRW ist Schlusslicht bei der Lärmbekämpfung in Deutschland", so der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Johannes Remmel. Das Land hätte die Lärmkarten schon im vorigen Jahr veröffentlichen müssen, sagte er. Es bestehe der Verdacht, dass dem Umweltminister das Kartenwerk schon länger vorgelegen habe, dieser es aber "bewusst geheim gehalten" habe, um den Koalitionsstreit mit der FDP über die neuen Umweltzonen im Ruhrgebiet nicht weiter anzuheizen. Remmel kritisierte auch, dass die Landesregierung die Kommunen bei der Lärmbekämpfung "praktisch ohne Hilfestellung" alleinlasse.

(RP)
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