Studie belegt Eifel-Vulkan brodelt noch unter dem Laacher See

Mendig · Im Eifel-Vulkan unter dem Laacher See in Rheinland-Pfalz steigt wohl Magma auf. Darauf deuten kurze Erdbeben-Serien hin, die Forscher registriert haben. Mit einem aktuellen Ausbruch rechnen sie aber nicht.

 Unter dem Laacher See schlummert ein Vulkan, der noch sehr aktiv ist.

Unter dem Laacher See schlummert ein Vulkan, der noch sehr aktiv ist.

Foto: dpa/Thomas Frey

Still ruht der Laacher See. Scheinbar. Denn an einem Uferbereich des Sees in der Vulkaneifel steigen Gasblasen auf. In der rheinland-pfälzischen Ferienregion nur etwa 40 Kilometer von Nordrhein-Westfalen entfernt brodelt tief unter den Wassermassen ein Vulkan. Das haben Wissenschaftler jetzt erstmals belegt. In einer Studie stellten sie seit 2013 acht Serien von niederfrequenten Erdbeben in 10 bis 45 Kilometern Tiefe fest. Dies seien Anhaltspunkte dafür, dass derzeit unter dem Vulkan magmatische Fluide aus dem oberen Erdmantel in die Erdkruste aufsteigen könnten, schreiben sie.

Mit der Studie sei es gelungen, eine wissenschaftliche Meinung erstmalig mit seismologischen Daten zu verifizieren, sagt Martin Hensch, Geophysiker beim Landeserdbebendienst Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Freiburg. „Der Eifel-Vulkanismus ist nicht erloschen, er ist langzeitschlafend.“ Die Bewegungen der Fluide in der Tiefe könne man als Anzeichen werten, dass sich Magmakammern in der Erdkruste langsam füllten. Die Erdbebenserien bedeuteten aber nicht, dass ein Vulkanausbruch aktuell bevorstehe, sagt Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.

 Boote dümpeln an einem Anlegesteg am Laacher See.

Boote dümpeln an einem Anlegesteg am Laacher See.

Foto: dpa/Thomas Frey

Beim letzten Ausbruch vor knapp 13 000 Jahren habe die Befüllung der oberen Magmakammern rund 30 000 Jahre gedauert. „Das bedeutet, dass die magmatischen Prozesse während sehr langer Zeiträume ablaufen können, bevor es zu einer Eruption kommt“, schreiben die Forscher im „Geophysical Journal International“. Beteiligt waren Wissenschaftler des Erdbebendienstes Südwest (Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg), des GFZ, des Karlsruher Instituts für Technologie und des Landeserdbebendienstes Nordrhein-Westfalen.

Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es wichtig sei, „noch mal genau hinzuschauen und die Gefährdungslage neu zu bewerten“, sagt Dahm. Eruptionen kündigten sich an, auch über Vulkangase und Deformationen an der Erdoberfläche. Die spannende Frage sei, wann genau und über welchen Zeitraum solche Signale auftreten würden - „und ob wir in der Lage sind, sie zu messen“. Die Forscher empfehlen, zusätzlich zum Messnetz des Erdbebendienstes, die Überwachung der austretenden Gase und die Messungen zu möglichen Veränderungen der Erdoberfläche zu intensivieren.

 Pferde grasen vor der Bendediktinerabtei Maria Laach am Laacher See.

Pferde grasen vor der Bendediktinerabtei Maria Laach am Laacher See.

Foto: dpa/Thomas Frey

Die in der Osteifel gemessenen Erdstöße unterhalb von 40 Kilometern Tiefe seien „die tiefsten jemals in Deutschland gemessenen Erdbeben“. Insgesamt treten die niederfrequenten Beben („Deep Low-Frequency“; DLF) in dieser Region in größeren Tiefen auf und haben niedrigere Schwingfrequenzen als tektonische Beben. DLF-Beben würden weltweit als Hinweis auf die Bewegung magmatischer Fluide gedeutet und regelmäßig unter aktiven Vulkanen etwa auf Island, in Japan oder auf der russischen Halbinsel Kamtschatka beobachtet.

Unklar ist laut Hensch, seit wann es solche Beben unter dem Laacher See gibt. Das Messnetz in Rheinland-Pfalz sei erst in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgebaut worden. „Seitdem sind wir in der Lage, solche Beben zu messen und zuverlässig zu lokalisieren.“ Es liege aber nahe, dass es ähnliche Aktivitäten auch schon vorher gab. Die Daten der Messnetze aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg laufen in Echtzeit in Freiburg zusammen und werden dort ausgewertet.

Nach Angaben des Geophysikers Dahm ist der Eifel-Vulkanismus bundesweit einmalig, weil er besonders jung ist. Der jüngste Vulkan Deutschlands stehe dort: das Ulmener Maar, das vor rund 11 000 Jahren entstand. „Die anderen Zonen sind nicht ganz vergleichbar, weil sie alle älter sind.“ Lediglich in der Oberpfalz, vor allem im deutsch-tschechischen Grenzgebiet, gebe es noch Beispiele für CO2-Entgasungen mit Hinweis auf magmatische Prozesse im oberen Mantel.

„Die Eifel ist das größte Vulkangebiet Mitteleuropas“, sagt der Geschäftsführer des Natur- und Geoparks Vulkaneifel, Andreas Schüller, in Daun. „Sie ist durchlöchert wie ein Schweizer Käse.“ Insgesamt um die 450 kleine und große Vulkane zeugten von Ausbrüchen, die das Mittelgebirge in einer mehr als 40 Millionen Jahre langen Geschichte immer wieder erschüttert hätten. Die meisten von ihnen seien kurz aktiv gewesen - und dann war Ruhe. Die Ergebnisse der Studie beunruhigen den Fachmann nicht. „Ich habe noch keine Koffer gepackt. Ich sehe das ganz entspannt.“

Der Ausbruch des Vulkans unter dem Laacher See vor rund 13 000 Jahren sei allerdings der „letzte heftige Vulkanausbruch in Mitteleuropa“ gewesen: Damals seien rund sechs Kubikkilometer Material ausgeworfen worden - Ascheablagerungen konnten bis nach Südschweden und Norditalien nachgewiesen werden.

„Die Auswertung früherer explosiver Zentren in der Osteifel legt nahe, dass die Aktivitätsphase des Laacher See-Vulkans noch nicht beendet ist und es dort auch in Zukunft wieder zu Ausbrüchen kommen kann“, sagt Dahm. Er spricht sich für ein kontinuierliches Monitoring aus. Die Vulkangefährdung in Deutschland sollte auch wegen der Endlager-Problematik neu erfasst werden. „In Deutschland existiert bisher noch kein Vulkan-Überwachungssystem, was aber sinnvoll wäre.“ Wie so etwas aussehen könnte, darüber soll auch auf einem Experten-Workshop der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft am 28. Februar und 1. März in Mendig gesprochen werden.

(siev/dpa)
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