Am früheren Kanzleramt Kult-Kiosk von Bonn kommt zurück

Bon · Das legendäre "Bundesbüdchen" kommt zurück. Der jahrelang eingelagerte Kiosk im früheren Bonner Regierungsviertel soll wieder aufgebaut werden. Betreiber Rausch freut sich.

Das Bundesbüdchen in Bonn wird wieder aufgebaut
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Ein Kiosk zieht um - Das Bundesbüdchen in Bonn

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Er ist ein Symbol der Bonner Republik und wohl der berühmteste Kiosk in Deutschland. Politiker aller Couleur kauften bei Jürgen Rausch ihre Zeitung, tranken einen Kaffee oder aßen eine Bockwurst.

Das geschichtsträchtige "Bundesbüdchen" im früheren Regierungsviertel verschwand vor gut sieben Jahren wegen eines Konferenzneubaus, wurde als denkmalgeschütztes Kleinod eingelagert, spätere Verwendung ungewiss. Nach längerem Gezerre stehen die Zeichen auf Comeback: Dank der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die Geld für die Sanierung gibt, und einem privaten Förderverein.

Direkt vor das ehemalige Kanzleramt, nur wenige Meter vom früheren Standort entfernt, soll der Kiosk im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres zurückkehren. Der legendäre Pavillonbau soll in seinem Originalkern von 1957 bewahrt werden, aber er braucht eine gründliche Renovierung und eine neue Fassade.

Neuer Name gleich geschützt

Der 57-jährige Eigentümer und Betreiber Rausch hat ausgeharrt, eine Wiederherrichtung samt Aufbau hätte er aus eigener Kraft finanziell nicht stemmen können. Jahrelang war in der Schwebe, was aus dem Kiosk denn werden soll, der auf einem Bauhof lagerte. Im März hatte die Stadt bereits vorgeschlagen, ihn wieder aufzustellen.

Da kommen die jetzt zugesagten rund 60.000 Euro der Denkmalstiftung für Rausch wie ein Segen. Damit soll der Kiosk saniert und das Fundament errichtet werden. "Der Kiosk hat doch hohen symbolischen Wert", sagt Rausch und setzt darauf, das dies auch werbewirksam sein kann. Den neuen Namen "Jürgen Rauschs Bundesbüdchen" hat er sich schon mal schützen lassen.

Der ovale Pavillon mit seinem elegant geschwungenen Dach und gekacheltem Brüstungsgesims stehe nicht nur zeittypisch für Architektur der 50er Jahre, sondern habe auch als einstiger Treffpunkt inmitten des Politgeschehens eine besondere Bedeutung, hieß es von der Stiftung.

Ein Förderverein soll weiteres Geld aus Spenden bereitstellen. Insgesamt rechnet Rausch mit Kosten von 300.000 Euro. Er will dem Verein den Kiosk überlassen, der ihn dann an ihn wieder verpachtet. Bislang betrieb Rausch, der den Kiosk 1984 übernommen hatte, in einem Provisorium, einer Holzhütte, einen Imbissbetrieb. "Ich habe über Jahre am Existenzminimum gelebt."

Joschka Fischer gehörte zur täglichen Kundschaft

Der Kiosk war im Oktober 2006 in einem Stahlkorsett auf einen Schwertransporter verladen worden. Der Pavillon stand dem Bau des neuen Weltkonferenzzentrums (WCCB) im Weg. Die Verladeaktion soll den später insolvent gegangenen koreanischen Investor mehr als 100.000 Euro gekostet haben. Wegen Pleiten ruht der WCCB-Bau seit gut vier Jahren - im nächsten Sommer soll es weitergehen.

Fast 50 Jahre lang gehörte der Kiosk als beschaulicher Treff und Kulisse zur hohen Politik in Bonn, bevor sie 1999 nach Berlin abwanderte. Bevor er Außenminister wurde, gehörte Joschka Fischer zur täglichen Kundschaft. Er habe nach dem Joggen immer einen Stapel Zeitungen gekauft, erinnert sich Rausch. "Helmut Kohl schickte meist seinen Fahrer für Brötchen." Vor einigen Wochen schaute Ex-Arbeitsminister Norbert Blüm mal wieder bei Rausch vorbei. Da kommt dann Wehmut auf.

Doch Rausch blickt nach vorn. Das Regierungsviertel hat sich gewandelt. Das WCCB mit Hotel soll fertiggebaut werden, daneben gibt es den UN-Campus mit Klimasekretariat, die Post-Zentrale mit vielen DHL-Bürogebäuden und die Deutsche Welle. Es werden andere Kunden kommen als die Politprominenz.

(lnw)
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