Fälle nehmen zu Behörden decken massenhaften Kindergeldbetrug in Krefeld auf

Krefeld · In Krefeld ist für rund 90 Kinder aus Südosteuropa offenbar zu Unrecht Kindergeld gezahlt worden. Bei einer Kontrolle kam heraus, dass die Kinder gar nicht hier lebten.

 Ein teilweise ausgefüllter Antrag auf Kindergeld (Archiv).

Ein teilweise ausgefüllter Antrag auf Kindergeld (Archiv).

Foto: dpa/Jens Büttner

Den nordrhein-westfälischen Behörden ist ein bislang beispielloser Schlag gegen Kindergeldbetrüger gelungen. Nach Informationen unserer Redaktion aus Sicherheitskreisen erhielten Familien aus Südosteuropa in Krefeld für rund 90 Kinder Kindergeld, die gar nicht in der Stadt lebten – und das möglicherweise jahrelang. Es soll ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein.

Auf die Spur gekommen waren die Ermittler den Sozialleistungsbetrügern, die vornehmlich aus Rumänien und Bulgarien stammen, durch eine umfassende Auswertung von Daten, die unter anderem das Jugend- und Schulamt sowie das örtliche Jobcenter zusammengetragen hatten. Auch Krefelds Oberbürgermeister, die Familienkasse und die Staatsanwaltschaft sollen unmittelbar in die Ermittlungen eingebunden gewesen sein. Aufgrund dieser Datenbasis führte die Polizei Kontrollen durch, bei denen festgestellt worden sein soll, dass die gemeldeten Kinder gar nicht mehr vor Ort waren.

Die Durchsuchungen fanden bereits vor einem halben Jahr statt, werden aber nach wie vor unter Verschluss gehalten. Die Gründe dafür sind unbekannt. Spekuliert wird darüber, dass die Auswertung der Daten sehr lange gedauert haben könnte. Ob das Vorgehen in Krefeld ein Vorbild für andere Städte ist, müsse die Zukunft zeigen, hieß es aus informierten Kreisen. Eine Sprecherin der Stadt Krefeld sagte, dass der Einsatz vom nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt durchgeführt worden sei und die statistische Erhebung bei der Polizei Krefeld liege. „Die Stadt kann dazu keine Informationen geben.“ Die Polizei Krefeld verwies auf das Innenministerium. Dort bestätigte man die Durchsuchungen. „Es gab eine gemeinsame Aktion von Polizei und Stadt Krefeld im Zusammenhang mit Kindergeldzahlungen. Dabei wurden Kinder, die eigentlich dort sein sollten, nicht angetroffen“, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums.

Ermittler schätzen, dass Familien aus Südosteuropa allein in NRW Kindergeld in zweistelliger Millionenhöhe zu Unrecht beziehen. Die Methode ist häufig gleich. „Es wird Kindergeld mit einer gefälschten Meldeadresse beantragt. Darin wird verschleiert, dass die Kinder gar nicht in Deutschland, sondern im Ausland leben“, sagte eine Sprecherin der Duisburger Staatsanwaltschaft. Da sich die Betrüger meist im Ausland befinden, werden die Verfahren zunächst vorläufig eingestellt, aber gleichzeitig werden Fahndungsmaßnahmen eingeleitet. „Sobald die Person wieder nach Deutschland einreist, versuchen wir dann, sie festzunehmen“, so die Staatsanwältin. So wie die Frau aus Rumänien, die vor wenigen Tagen am Düsseldorfer Flughafen festgenommen wurde. Sie soll allein rund 40.000 Euro Kindergeld kassiert haben, die ihr nicht zustanden. Die Frau soll 2014 für ihre sechs Kinder unter Angabe der falschen Anschrift Kindergeld bei der Familienkasse Duisburg beantragt haben. Erst 2017 kam heraus, dass sie keinen festen Wohnsitz in Deutschland hatte.

Seit Jahren nimmt die Zahl der Fälle zu. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Duisburg werden allein in deren Zuständigkeitsbezirk in diesem Jahr 68 solcher Verfahren wegen Kindergeldbetrugs geführt; 2018 waren es 63, 2017 zählte man 44. Ermittler gehen davon aus, dass Krefeld nur die Spitze des Eisbergs ist, zumal dort im Vergleich zu anderen Städten nicht überdurchschnittlich viele Südosteuropäer leben.

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