Konzern streicht 330 Stellen in Krefeld Kraft kritisiert Outokumpu-Boss Seitovirta

Krefeld · Empörung und Entsetzen bei der Belegschaft von Nirosta Outokumpu: Die finnische Konzernleitung hat am Dienstag bekanntgegeben, dass sie in Krefeld 330 von 2000 Stellen streichen und Investitionen abbauen will. Konzern-Boss Seitovirta stellt sich der Belegschaft in Krefeld. NRW-Ministerpräsidentin rügt das Unternehmen.

Oktober 2013: Proteste bei Outokumpu in Krefeld
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Oktober 2013: Proteste bei Outokumpu in Krefeld

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Die IG Metall NRW hat am heutigen Dienstag die Unternehmensführung des finnischen Stahlkonzern Outokumpu aufgefordert, alle tarifvertraglichen Standortzusagen zu achten und einzuhalten. Der Tarifvertrag von Januar 2012 sichert für die 450 Beschäftigten am Standort Bochum die Fortführung der Produktion bis Ende 2016, inklusive einer transparenten und nachvollziehbaren Überprüfung der Wirtschaftlichkeit zur Fortführung über 2016 hinaus.

Für die anderen Standorte wie Krefeld (1900 Beschäftigte) und Dillenburg (730 Beschäftigte) gelten Zusagen bis Ende 2015. In Europa sollen noch einmal 1000 Stellen gestrichen werden, 900 davon in Deutschland, davon 330 in Krefeld.

Kraft kritisiert finnischen Konzern

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat die Pläne des finnischen Edelstahlkonzerns zur vorzeitigen Schließung seines Bochumer Stahlwerks scharf kritisiert. Sie habe gegenüber Outokumpu-Chef Mika Seitovirta das "große Befremden der Landesregierung" deutlich gemacht, dass Outokumpu bestehende Verträge nicht einhalte, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag. "Dieses Verhalten verstößt gegen die Unternehmenskultur in diesem Land", so Kraft.

Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) bezeichnete den "einseitigen Bruch geltender Tarifverträge" als schweren Schlag gegen die sozialpartnerschaftliche Kultur in NRW.

Abbau von 3500 Stellen weltweit

Outokumpu-Chef Mika Seitovirta hatte am heutigen Dienstagmorgen bekanntgegeben, dass der Konzern einen zusätzlichen Abbau von bis zu 1000 Stellen plant. Der weltweite Abbau, so die Planung, werde sich damit insgesamt auf rund 3500 Stellen belaufen. Das industrielle Konzept wird voraussichtlich zu weiteren Einsparungen von mehr als 100 Millionen Euro führen. Für Krefeld bedeutet das, dass die ursprüngliche zugesagte Investitionssumme von rund 250 Millionen Euro im Zuge der Verlagerung der Produktionsstätte in Benrath nach Krefeld auf 100 Millionen reduziert wird.

Seitovirta: "Für Benrath ist geplant, das NIFO-Investitionsprogramm (Nirosta Ferrit-Optimierung) entsprechend des ursprünglichen Zeitplans fortzuführen. Die Benrather Produktion wird also nach Krefeld verlagert und der Standort bis Ende 2015 geschlossen. Um die Produktionsverlagerung zu ermöglichen und die Rolle von Krefeld innerhalb des Unternehmens zu stärken, plant Outokumpu, 100 Millionen Euro in den Standort Krefeld zu investieren. Von der Benrather Schließung werden nach Berechnungen 480 Arbeitsplätze betroffen sein. Einem Teil der Benrather Belegschaft wird eine Beschäftigung in Krefeld angeboten; zudem werden Vorruhestandslösungen vorgeschlagen."

Betriebsrat beklagt Wortbruch

Betriebsrat und Gewerkschaft bewerten die Pläne als klaren Wort- und Vertragsbruch der Finnen. Sie planen für den heutigen Dienstagmorgen, 13 Uhr, eine Demonstration vor der Nirosta-Hauptverwaltung. Als Grund für die neue Sparrunde gibt Seitovirta hohe Verluste und Überkapazitäten auf dm Stahlmarkt an: "Outokumpu musste auch 2013 hohe Verluste hinnehmen: Per Ende Juni belief sich die Nettoverschuldung auf rund 3 Milliarden Euro. Die Überkapazitäten in der Branche und die Importe aus Asien setzen die Preise und Margen weiter unter Druck. Anzeichen für eine wesentliche Verbesserung des Marktumfeldes sind derzeit nicht zu erkennen. Allein in Europa besteht eine Überkapazität von mehr als 1.500.000 Tonnen bei der Kaltwalzproduktion."

Der Betriebsrat war stets misstrauisch gegenüber den Finnen, die Ende 2012 ThyssenKrupp Nirosta übernommen hatten. Wie der frühere Gesamtbeteriebsratsvorsitzende Bernd Kalwa berichtet, hatten die Finnen vor einigen Jahren die sogenannte Grobblechstraße in Krefeld gekauft und sie entgegen allen Zusagen innerhalb von drei Jahren geschlossen. Das war ein Produktionsbereich mit rund 200 Arbeitskräften. Kalwa: "Die Kollegen waren zunächst zuversichtlich, dann kam im Jahr 2007 das Aus. Und dieses Aus ist auch in einer Art erfolgt, in der mit den Menschen ziemlich rüde umgegangen worden ist. Vor diesem Hintergrund haben wir die Kategorie Vertrauen für uns erst einmal ganz nach hinten gestellt und uns um harte Vertragsgrundlagen bemüht."

"Stück für Stück untergraben"

Nun wiederholt sich aus Sicht der IG Metall die Geschichte. Bei einer außerordentlichen außerordentliche Vollkonferenz der Betriebsräte-Arbeitsgemeinschaft Outokumpu Deutschland am 30. September in Düsseldorf sagte IG-Metall-Sprecher Knut Giesler: "Der Tarifvertrag zur Beschäftigungs- und Standortsicherung wird vom Unternehmen nicht gelebt. Im Gegenteil: Er wird Stück für Stück untergraben." Er räumte allerdings ein, dass der Edelstahlmarkt weltweit umkämpft ist: "Wir wissen alle: der europäische Edelstahl-Markt ist schwierig. Die Marktanteile sind hart umkämpft, Outokumpu steht in Konkurrenz mit Aperam, Acerinox und hohen Importquoten aus Asien."

Die Deutschen wehren sich besonders dagegen, dass immer mehr Produktionsmengen in das italienische Tornio-Werk verlagert wird. In einer auf der Vollversammlung verabschiedeten Resolution wird gegen den "Ausverkauf industruieller Arbeitsplätze" in Deutschland protestiert.

Vorzeitiges Aus für Bochum

Am Dienstagmittag wurde zudem bekannt, dass Outokumpu ein vorzeitiges Aus für sein Bochumer Stahlwerk plant. Das Schmelzwerk mit rund 450 Beschäftigten werde voraussichtlich bereits im Verlauf des kommenden Jahres geschlossen, teilte das Unternehmen mit. Der Edelstahlkonzern hatte nach der Übernahme des ehemals zur ThyssenKrupp-Edelstahlsparte gehörenden Werks zunächst angekündigt, die Wirtschaftlichkeit der Anlagen in Bochum bis Ende 2015 überprüfen zu wollen.

Der Konzern Outokumpu hat von ThyssenKrupp die Edelstahlsparte Inoxum mit Nirosta gekauft. Outokumpu ist mit einem Marktanteil von 40 Prozent in Europa und 12 Prozent weltweit führend im Bereich Edelstahl und Hochleistungslegierungen. Outokumpu ist in mehr als 40 Ländern tätig und beschäftigt mehr als 16.000 Mitarbeiter, davon in Krefeld rund 2000. Hauptsitz des Unternehmens befindet sich in Espoo, Finnland; ursprünglicher Unternehmenssitz war die Stadt Outokumpu. Ausgangslage Inoxum und Outokumpu kommen zusammen auf einen Jahresumsatz von rund 10 Milliarden Euro. Beide Firmen kämpfen gegen Verluste an, da es Überkapazitäten bei der Edelstahlproduktion gibt.

(RP/dpa)
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