NRW Kommunen leiden unter der Steag

Essen · Vor drei Jahren kauften Stadtwerke klammer NRW-Städte die Steag. Noch immer ist der Deal nicht genehmigt. Acht Prozent Rendite fordern die Stadtwerke nun. Das ist immer weniger zu halten.

Beim fünftgrößten deutschen Stromkonzern Steag gibt es Ärger. 2011 hatten sechs Stadtwerke aus Ruhrgebiets-Städten dem Chemiekonzern Evonik 51 Prozent der Steag-Anteile abgekauft, seit September gehört ihnen die Steag komplett. Doch noch immer hat die Bezirksregierung den umstrittenen Deal nicht genehmigt. Deren Sprecher erklärte auf Anfrage: "Die Prüfung, ob die Übernahme des Auslandsgeschäfts mit Paragraf 107 der Gemeindeordnung vereinbar ist, dauert an." Für die Übernahme des Inlandsgeschäftes habe man zwar grünes Licht gegeben.

Knackpunkt bleibt das Auslandsgeschäft: Laut Gemeindeordnung dürfen Kommunen nur Geschäfte in der Energiebranche tätigen, wenn diese "nach Art und Umfang in angemessenem Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde" stehen. Das ist beim Steag-Deal fraglich: So ist es kaum Aufgabe von Kommunen, Kraftwerke etwa in Kolumbien zu betreiben, die Steag macht 60 Prozent ihres Umsatzes im Ausland. Auch sind die hinter den Stadtwerken stehenden Kommunen kaum leistungsfähig, viele haben Nothaushalte.

Das ist den Stadtwerken bewusst. Und so haben sie ihren Deal mit harten Abmachungen gesichert. Sie fordern nun eine stolze Ziel-Rendite von acht Prozent auf ihr Eigenkapital, wie unsere Zeitung aus Kommunalkreisen erfuhr. Noch im Frühjahr habe man dies in einem Strategiepapier festgeschrieben. Acht Prozent Rendite in einer Krisen-Branche zu schaffen, das verlangt schon hohe Kunst.

Zwar profitiert die Steag derzeit davon, dass fast alle Kraftwerke abgeschrieben sind und billig produzieren. Doch genug Geld für nötige Investitionen in die (grüne) Zukunft kann sie kaum zurücklegen. Womöglich mussten kreative Buchhalter ihr Können schon in den vergangen Jahren beweisen, damit die Stadtwerke Jahr für Jahr exakt 25 Millionen Euro an Ausschüttung erhalten konnten. Jedenfalls waren bereits die Wirtschaftsprüfer von Ernst&Young aktiv. Laut "FAZ" sollten sie prüfen, wie die Steag ihre stille Reserven mobilisieren kann. Frei nach dem Motto: Wenn das Geschäft nicht genug Gewinn für die geforderte Rendite abwirft, nimmt man es eben aus der Substanz.

Das weist der Sprecher der Dortmunder Stadtwerke (DSW) zurück, deren Chef Guntram Pehlke den Steag-Aufsichtsrat führt: Zwar habe Ernst & Young eine Prüfung vorgenommen, bei der die stillen Reserven untersucht wurden. Allerdings sei dies in anderem Kontext geschehen, es sei um internationale Bilanzierungsregeln gegangen. Auch von Rendite-Versprechen will man nichts wissen. "Die Ausschüttungen orientieren sich in ihrer Höhe ausschließlich an der geschäftlichen Entwicklung der Steag", so der DSW-Sprecher. Zufall, dass dabei immer genau 25 Millionen Euro an Ausschüttung herauskamen?

Nicht genug. Um den Kauf der zweiten Tranche an Steag-Anteilen für 570 Millionen Euro finanzieren zu können, liehen sich die Stadtwerke 150 Millionen von der Steag, die dafür selbst ein Schuldschein-Darlehen aufnehmen musste.

Während andere Versorger froh sind um jeden Block, den sie nicht haben, kaufte die Steag der EnBW gerade das saarländische Kohlekraftwerk Bexbach ab. "Noch ein Risiko mehr, die Steag lässt nichts aus", stöhnen Inisder. Dabei sei es höchste Zeit, die Steag effizienter und für die Zukunft aufzustellen. Die Zweifel wüchsen, dass Steag-Chef Joachim Rumstadt das könne.

Als Evonik 2010 die Steag zum Verkauf angeboten hatte, um Chemiekonzern zu werden, hatte es auch andere Bieter wie die tschechische EHP gegeben. Doch die Stadtwerke wollten ein großes Rad drehen, die Gewerkschaft eine Zerschlagung durch Investoren verhindern, das Land träumte vom regionalen grünen Energieriesen.

Die Rechnung für den Größenwahn dürfte teuer werden. Die IG BCE hat bereits eine nationale Verstromung AG angeregt, die vor allem die Steag retten soll, wenn es in der Branche weiter bergab geht.

(RP)
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