Material mit Giftstoffen verbaut Kommunen klagen gegen Straßenbauer

Mönchengladbach · Bodenanalysen haben ergeben, dass ein Bauunternehmen in mehreren Straßen in der Region Material mit giftigen Schadstoffen verbaut hat. Betroffen sind der Kreis Heinsberg, Mönchengladbach und Grevenbroich.

Die Stimmung bei den Anwohnern an der Süchtelner Straße und der Klumpenstraße im Mönchengladbacher Stadtteil Neuwerk ist alles andere als gut. Denn wie erst jetzt bekannt wurde, leben die Menschen dort seit mehr als sieben Jahren an Straßen, in denen giftige Substanzen verbaut wurden. Bei Analysen Ende des Jahres wurden zum Teil deutlich erhöhte Arsen- und Bleikonzentrationen gefunden. Die Anwohner befürchten nun, dass die giftigen Stoffe austreten könnten. Die Stadt versichert zwar, dass das mit Schadstoffen belastete Material fest versiegelt sei, aber viele sind skeptisch.

Die beiden Mönchengladbacher Straßen gehören zu einem Fall, der sich möglicherweise zu einem riesigen Umweltskandal entwickelt. Denn das beauftragte Bauunternehmen hat offensichtlich in vielen Städten und Gemeinden in der Region belastetes Material verbaut. Mehrere Kommunen haben bereits juristische Schritte eingeleitet.

Gerichtliches Beweissicherungsverfahren

Im Rhein-Kreis Neuss wurde im Neubaugebiet Grevenbroich-Kapellen ein brisantes Gemisch aus Blei, Kupfer, Zink, Arsen, Cadmium, Chrom und Nickel gefunden. In Hückelhoven im Kreis Heinsberg wurde wegen Altlasten, die unter der Haupteinkaufsstraße liegen könnten, ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren beantragt. Auch die Stadt Wegberg hatte ein Labor mit der Überprüfung beauftragt.

In Mönchengladbach ist die Baufirma bereits von Vergaben der Stadt bis 2015 ausgeschlossen worden — "wegen einer schwerwiegenden Störung des Vertrauensverhältnisses".

Denn eigentlich war bei der Ausschreibung der Pflasterarbeiten verlangt worden, dass als Bettungsmaterial ein Naturprodukt verwendet wird. Stattdessen habe die Firma Recyclingmaterial verwendet, und das entspreche nicht einmal den für den Straßenbau zugelassenen Materialien, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Erst nach einem Hinweis aus der Bezirksregierung im Oktober 2012 waren in Mönchengladbach die Bodenproben veranlasst und die giftigen Materialien im Pflasterbett entdeckt worden.

In Grevenbroich soll die beschuldigte Firma im Neubaugebiet Kapellen ein schwermetallhaltiges Bettungsmaterial verlegt haben. In der Siedlung leben vor allem junge Familien mit Kindern. Unter 8200 Quadratmetern Straßenpflaster sollen sich die belastenden Stoffe befinden. Werner Hoffmann, Planungsdezernent der Stadt, hatte dafür in der Vergangenheit deutliche Worte gefunden: "Das Bauunternehmen hat in großen Teilen des Baugebiets ein industrielles Abfallprodukt verwendet."

Gegen die Baufirma geklagt

Die Baufirma hatte alle Vorwürfe von Anfang an von sich gewiesen und sich auf ein Gutachten gestützt. Dieses belege, dass das von ihr eingesetzte Material richtlinienkonform sei. Inzwischen hat die Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK), die das Neubaugebiet als Projektentwickler mit der Stadt Grevenbroich vorangetrieben hat, vor dem Landgericht Aachen gegen die Baufirma geklagt.

Die Sanierungsarbeiten im Neubaugebiet Grevenbroich-Kapellen, bei denen das verdächtige Material ausgetauscht wird, laufen. Die Kosten dafür will sich die DSK von der Baufirma zurückholen. Auch die Grevenbroicher Nachbarkommune Dormagen liefert sich mit der Baufirma einen Rechtsstreit. Im Stadtteil Delhoven habe das Unternehmen auf einer Fläche von 200 Quadratmetern belastetes Material verbaut. Das Verfahren läuft vor dem Landgericht Düsseldorf.

Besonders betroffen ist auch der Kreis Heinsberg. Hier wurden Anfang Juli 2012 alle kreisangehörigen Städte zu einer Besprechung bei der Unteren Wasserbehörde geladen. Denn gleich bei mehreren Baumaßnahmen hatte es Hinweise auf mögliches Recyclingmaterial mit zu hohen Schwermetallanteilen gegeben.

(RP)
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