Kommunalwahl 2020 In diesen Städten gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen um das Rathaus

Düsseldorf · Am 13. September werden in vielen NRW-Städten neue Stadtoberhäupter gewählt. Vielerorts zeichnen sich Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Unter den Kandidaten befinden sich auch prominente Namen.

  Düsseldorfs OB Thomas Geisel (SPD) und Herausforderer Stephan Keller (CDU).

Düsseldorfs OB Thomas Geisel (SPD) und Herausforderer Stephan Keller (CDU).

Foto: dpa/Federico Gambarini

Platzhirsch gegen Herausforderer, Schwarz gegen Grün, Attacke auf die „Herzkammer der Sozialdemokratie“ – die NRW-Kommunalwahl am 13. September hat viele spannende Schauplätze. Hier eine Auswahl an interessanten Konstellationen, bei denen wir die jeweils aussichtsreichsten Kandidaten in den Fokus nehmen.

Aachen In der Domstadt steht mit Sicherheit ein Wechsel an. Nach elf Jahren tritt Oberbürgermeister (OB) Marcel Philipp (CDU) nicht wieder an. In der schwarz-roten Koalition ist die CDU stärkste Kraft. Sie schickt jetzt ihren 57 Jahre alten Fraktionschef Harald Baal ins Rennen, der seit vielen Jahren einen Namen in der Aachener Politik hat. Dagegen ist SPD-Kandidat Mathias Dopatka tendenziell ein Newcomer.

Bocholt Peter Nebelo (SPD) tritt nach 16 Jahren nicht mehr als Bürgermeister an. Insgesamt acht Bewerber wollen seine Nachfolge antreten. Daher rechnen Wahlbeobachter mit einer Stichwahl zwei Wochen später. Für die Sozialdemokraten tritt Stefan Schmeink (SPD) an, für die CDU Thomas Kerkhoff. Mit Berthold Blesenkemper ist auch ein Journalist unter den Kandidaten.

Bonn Als Ashok-Alexander Sridharan 2015 zum Oberbürgermeister von Bonn gewählt wurde, war das bemerkenswert. Zum einen brach er für seine CDU das mehr als 20 Jahre währende Abo der SPD auf den OB-Sessel. Zum anderen wurde erstmals ein CDU-Politiker mit Migrationshintergrund Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt. Nun möchte Sridharan eine zweite Amtszeit. Doch auch die SPD-Konkurrenz trägt einen bekannten Namen: Lissi von Bülow ist Tochter von Andreas von Bülow, einst Minister unter Helmut Schmidt.

Düsseldorf In der Landeshauptstadt gibt es die OB-Kandidaten derzeit fast nur im Quartett – und einen so offenen Wahlkampf wie noch nie. Die CDU möchte die Macht im Rathaus zurückerobern und schickt den Kölner Stadtdirektor Stephan Keller ins Rennen gegen Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD). Angesichts der Ergebnisse bei der Europawahl, in der die Grünen erstmals stärkste Kraft in der Landeshauptstadt geworden sind, werden aber auch Stefan Engstfeld (Grüne) ernsthafte Chancen zugetraut. Dazu kommt Düsseldorfs bekannteste Liberale, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die frühere Stellvertreterin von Christian Lindner an der FDP-Parteispitze und langjährige Ratsfrau versucht ihrerseits, mit einer frechen Kampagne ihren Konkurrenten die Show zu stehlen.

Dortmund Ausgerechnet in der früheren „Herzkammer der Sozialdemokratie“ will jetzt ein CDU-Politiker angreifen, der bislang Bürgermeister im sauerländischen Altena ist. Andreas Hollstein ist bundesweit bekannt geworden, als er sich in der Flüchtlingskrise dafür einsetzte, mehr Asylbewerber aufzunehmen. Deswegen hatte ein psychisch Kranker ihn mit einem Messer attackiert. Der bisherige SPD-Amtsinhaber Ullrich Sierau tritt nicht mehr an. Stattdessen hat die SPD nun den Wirtschaftsförderer der drittgrößten NRW-Stadt, Thomas Westphal, nominiert. Laut Umfragen ohne Chance auf die Mehrheit ist die Ex-Landeschefin der Grünen, Daniela Schneckenburger.

Erkelenz Hier tritt Peter Jansen (CDU) nach 16 Jahren ab. Er hat die Umsiedlung von zehn Dörfern und 3300 Menschen am Tagebau Garzweiler über die Bühne gebracht. Verbunden ist mit seinem Rückzug ein Generationenwechsel. Für die CDU tritt der 39-jährige Peter Muckel an, der Beigeordneter in der Gemeinde Titz ist. Mit Hans Josef Dederichs von den Grünen gibt es einen Kandidaten aus den Reihen der Umsiedler.


Kleve Wird es der CDU in Kleve gelingen, nach ihrer historischen Niederlage im Jahr 2015 das Bürgermeisteramt zurückzuerobern? Damals hatte die parteilose Kandidatin Sonja Northing, von SPD, FDP und Offenen Klevern unterstützt, einen Erdrutschsieg eingefahren. Zwar kann Northing nun mit dem Amtsbonus in die Wahl gehen, von ihren Unterstützern sind aber nur noch die Sozialdemokraten geblieben. Und auch in der SPD-Fraktion war man sich nicht einig: Diese spaltete sich auf, ehemalige Mitglieder gründeten die Wählerinitiative „Für Kleve“ und nominierten Michael Kumbrink als ihren Kandidaten. Beobachter in Kleve rechnen mit einer Stichwahl zwischen Northing und dem CDU-Herausforderer Wolfgang Gebing, insgesamt gibt es aber sechs Bewerber um das Bürgermeisteramt. Auch der parteilose Kandidat der Grünen, Rolf Janßen, könnte für eine Überraschung gut sein.

 Henriette Reker (parteilos) will in Köln ihr Amt verteidigen.

Henriette Reker (parteilos) will in Köln ihr Amt verteidigen.

Foto: dpa/Marius Becker

Köln Einen normalen Wahlabend  kennt Henriette Reker nicht. 2015 wurde sie einen Tag vor dem Urnengang von einem Rechtsextremisten niedergestochen und nahm die Wahl am Krankenbett an. 2020 herrscht Corona-Krise, wieder besondere Bedingungen. Klar ist: Die parteilose Politikerin (63) wird anders als 2015 nicht mehr von der FDP unterstützt. Dafür sind jetzt CDU und Grüne an ihrer Seite. Als größter Konkurrent gilt der Landtagsabgeordnete Andreas Kossiski, der für die SPD ins Rennen geht. Bis zu seiner Kandidatur war er Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Missbrauchskomplex Lügde.

 In Mönchengladbach gibt es definitiv einen neuen OB. Wird es Felix Heinrichs?

In Mönchengladbach gibt es definitiv einen neuen OB. Wird es Felix Heinrichs?

Foto: bauch, jana (jaba)


Mönchengladbach Im Rathaus Abtei wird am 1. November definitiv ein neuer Oberbürgermeister sein Amt antreten. Amtsinhaber Hans Wilhelm Reiners (CDU) kandidiert nicht mehr. Größte Chancen auf die Nachfolge in der traditionell eher konservativen Stadt hat der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Boss (59). Für die SPD soll Felix Heinrichs (31) der erst zweite sozialdemokratische OB in Mönchengladbach seit dem Zweiten Weltkrieg werden. Dabei ist längst nicht sicher, dass es in einer möglichen Stichwahl auf ein Duell Boss gegen Heinrichs hinausläuft. Für die Grünen tritt Boris Wolkowski (44) an.

Münster Grüne oder Christdemokraten – wer regiert in den nächsten Jahren die Studenten- und Beamtenstadt? Seit 2009 ist Markus Lewe Oberbürgermeister von Münster. 2015 setzte sich der CDU-Politiker mit 50,59 Prozent bereits im ersten Wahlgang knapp durch. Das will in diesem Jahr Peter Todeskino unter allen Umständen verhindern. Er tritt für die Grünen an. Der Jurist war zuletzt in Münster Geschäftsführer einer Bau-Tochter der Stadt. Zuvor war er Stadtrat für Stadtentwicklung und Umwelt und Bürgermeister in Kiel. Ob der 61-Jährige eine Chance gegen Lewe hat, ist ungewiss. Zuletzt war ein Bündnis aus Schwarz-Grün im Rat der Stadt geplatzt – und der Wahlkampf damit eröffnet.

Neuss Hier gilt CDU-Kandidat Jan-Philipp Büchler (41) als Haupt-Herausforderer von Reiner Breuer (51, SPD). Letzterem gelang vor fünf Jahren Historisches, als er als erster SPD-Mann in der CDU-Hochburg Neuss zum Bürgermeister gewählt wurde – das will der Jurist auch gerne bleiben, während die CDU den Chefsessel im Rathaus zurückerobern möchte. Einen Hauptfokus legt Büchler im Wahlkampf auf das Thema Sicherheit, er hat unter anderem angekündigt, stärker gegen offenen Drogenhandel und -konsum im Stadtgebiet vorgehen zu wollen. Breuer hat dieses Thema ebenfalls im Blick, hat zudem angekündigt, Neuss als moderne soziale Großstadt weiterentwickeln zu wollen.

Monheim Die beschauliche Stadt am Rhein ist durch ihre niedrige Gewerbesteuer reich geworden. Dafür steht Bürgermeister Daniel Zimmermann. Der 38-Jährige tritt zum dritten Mal an. 2014 erhielt er fast 95 Prozent der Stimmen. Seine Partei „Peto“ (lateinisch: ich fordere) errang 26 von 40 Stimmen im Stadtrat. Der dicke Geldbeutel hat der Stadt mit 40.000 Einwohnern zu einem Luxusleben verholfen: mit Gratis-Bussen oder einer Skulptur des Stadtwappens „Gänseliesel“ von Markus Lüpertz.

Wuppertal CDU und Grüne wollen mit einem gemeinsamen Kandidaten den Chefsessel im Rathaus erobern. Uwe Schneidewind war bis vor kurzem Präsident des renommierten Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Der sportliche 54-Jährige ist Mitglied der Grünen und versteht sich als ökologisch orientierter Wirtschaftswissenschaftler. Amtsinhaber Andreas Mucke von der SPD tritt wieder an. Der 53-jährige Diplom-Ingenieur kam 2015 in einer Stichwahl neu in das Amt.

Prominente Kandidaten

Katja Dörner Die Vizefraktionschefin der Grünen im Bundestag kandidiert in Bonn. Bislang stellen die Grünen in NRW keinen Oberbürgermeister. Ihr Umfrage-Hoch hat bei der Öko-Partei allerdings Hoffnungen genährt. Im Rennen um kommunale Spitzenämter setzen die Grünen auf zugkräftige Funktionäre: wie erwähnt in Düsseldorf, wo der Landtagsabgeordnete Stefan Engstfeld ins Rennen geht, oder in Dortmund, wo die ehemalige Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger antritt.

Monika Griefahn In Mülheim an der Ruhr möchte die ehemals grüne und heute SPD-Politikerin punkten. Als Kommunalpolitikerin hat sich die 65-Jährige bislang nicht hervorgetan – aber als Mitbegründerin der deutschen Sektion von Green­peace und ehemalige niedersächsische Umweltministerin. Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind ihre großen Themen geblieben, auch als selbstständige Beraterin im Tourismussektor. Dass Griefahn aus Mülheim stammt, spielte bislang keine Rolle. Jetzt wohnt die gelernte Soziologin wieder dort und soll Nachfolgerin von OB Ulrich Scholten (SPD) werden. Die CDU schickt Marc Buchholz gegen die SPD ins Rennen. Der 52-Jährige ist in Mülheim Dezernent im Bereich Bildung, Gesundheit, Kultur.

Guido Winkmann Der Fußballbundesliga-Schiedsrichter und Polizist des Landeskriminalamtes möchte neuer Landrat im Kreis Kleve werden – und das als unabhängiger Kandidat, der seinen gesamten Wahlkampf mit eigenen Mitteln finanziert. Seine Hauptkontrahenten im Kampf um das Landratsamt sind Silke Gorißen (CDU) und Peter Driessen, gemeinsamer Landratskandidat von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern.

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