Schwere Verkehrsunfälle in NRW Spezialteams sollen Spuren an Unfallorten sichern

Köln · 430 tödliche Unfälle gab es im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen. Bisher wurde die Unfallaufnahme uneinheitlich gehandhabt. Das soll sich nun mit dem Einsatz von mehr Spezialteams ändern.

 Polizeioberkommissarin Dana Flosdorf erklärt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Bedienung einer Drohne.

Polizeioberkommissarin Dana Flosdorf erklärt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) die Bedienung einer Drohne.

Foto: dpa/Federico Gambarini

In Düsseldorf, Köln und Essen gibt es sie schon, nun sollen weitere Teams zur Spurensicherung nach schweren Verkehrsunfällen in Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden. Mit speziellen Fahrzeugen, Drohnen und Technik zum Auslesen digitaler Spuren sollen die Verkehrsunfallaufnahmeteams – kurz: VU-Teams – innerhalb der nächsten drei Jahre in 17 Kreispolizeibehörden eingerichtet werden. „Die Digitalisierung im Straßenverkehr betrifft auch die Spurensuche nach einem Unfall“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Montag im Polizeipräsidium Köln. „Was an einem Tatort die Spurensicherung ist, ist an einem Unfallort künftig das VU-Team.“

Bisher wurde die Unfallaufnahme in NRW uneinheitlich gehandhabt. In Köln etwa werden schon seit 2005 spezialisierte Teams eingesetzt. „Indem wir die VU-Teams landesweit einführen, etablieren wir einerseits einen einheitlichen Standard und statten andererseits die bestehenden Teams besser aus“, sagte Reul. Dazu gehören etwa 3-D-Laserscanner, mit denen die Experten 360-Grad-Messungen einer Unfallstelle durchführen können. Oder auch Drohnen, mit deren Hilfe Übersichtsaufnahmen gemacht werden, die später vor Gericht wertvolle Beweise sein können, wenn es etwa darum geht, wo ein Zeuge stand oder ob eine Straße überhaupt einsehbar war.

Dazu kommen Spezialgeräte, mit denen etwa Assistenzsysteme ausgelesen werden, die den Nachteil haben, dass klassische Brems- oder Blockierspuren nicht mehr zu finden sind. „Wir können zum Beispiel nachweisen, dass ein Gaspedal zu 100 Prozent durchgedrückt war, ob der Fahrer angeschnallt war oder welche Sitze im Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt besetzt waren“, erklärte ein Polizeibeamter der Kölner Verkehrsdirektion. Vor allem nach illegalen Autorennen sind solche Daten wichtig. Die VU-Teams werden eingesetzt, wenn ein Unfall besonders schwer war und Menschen schwer verletzt oder getötet wurden. „Im schlimmsten Fall geht es um die Frage, wer für einen Unfall mit Todesfolge zur Rechenschaft gezogen werden wird“, sagte Reul. „Eine gute und professionelle Unfallaufnahme verhilft letztlich Opfern und Angehörigen zu ihrem Recht.“ Es gehe vor allem darum, eindeutige Fakten zu schaffen. „Natürlich werden auch weiterhin Sachverständige für Rekonstruktions- oder Vermeidbarkeitsgutachten eingesetzt“, sagte Reul. Aber die Polizei habe den Auftrag, alle be- und entlastende Beweise zu sichern – und dabei seien Einsatzkräfte mit entsprechendem Know-how wichtig, „die sich auch Zeit für eine gründliche Unfallaufnahme nehmen können und nicht schon den nächsten Einsatz im Nacken haben“, wie Reul sagte.

2020 gab es in NRW insgesamt 430 tödliche Verkehrsunfälle. Die ersten neuen VU-Teams sind ab 1. September in den Kreispolizeibehörden Bielefeld, Dortmund und Münster im Einsatz. Ziel ist, dass alle 17 VU-Teams im Laufe des Jahres 2023 vollständig aufgestellt sind und dann ganz NRW abdecken. Sobald ein VU-Team eingerichtet und fortgebildet ist, kann es von benachbarten Kreispolizeibehörden zur Unterstützung angefordert werden.

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