Verdacht der Körperverletzung im Amt „Gerade einen umgeklatscht“ – Mehrere Polizisten in Köln vom Dienst suspendiert

Köln · Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt gegen fünf Beamte der Kölner Polizei. Sie sollen bei einem Einsatz Gewalt angewendet haben. Ein 59-Jähriger starb mehrere Wochen später in einer Klinik.

 Polizeibeamte in Köln. (Symbolbild)

Polizeibeamte in Köln. (Symbolbild)

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Beamten im Alter von 24 bis 40 Jahren sind verdächtig, im April 2021 im Kölner Stadtteil Bickendorf bei einem Polizeieinsatz wegen Verkehrsunfallflucht „übermäßig Gewalt“ gegen einen 59-Jährigen angewendet zu haben. Der italienische Staatsangehörige wurde dabei verletzt und mit einem Rettungswagen in eine Klinik gebracht, wie die Staatsanwaltschaft Köln am Montag mitteilte.

„Der Mann war nicht Beschuldigter im Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, sondern ein Angehöriger“, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer auf Anfrage unserer Redaktion. Er soll sich in den Polizeieinsatz eingemischt haben, die Stimmung sei „angespannt“ gewesen. „Was sich dann konkret abgespielt hat, ist Gegenstand der noch andauernden Ermittlungen“, sagt Bremer. Ob der Mann Widerstand gegen die Polizeibeamten geleistet hatte, die am Einsatz beteiligt waren, sei noch nicht abschließend geklärt.

Fakt ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft, dass der Mann das Krankenhaus im April nach ambulanter Behandlung zunächst noch am selben Tag wieder verlassen konnte. Einige Wochen später wurde er allerdings erneut im Krankenhaus aufgenommen, diesmal stationär. Im Juni verstarb er dort nach einem zweiwöchigen Aufenthalt. Seine Angehörigen machten daraufhin auf den Vorfall im April aufmerksam, woraufhin die Staatsanwaltschaft ein Todesermittlungsverfahren einleitete und eine Obduktion des Verstorbenen anordnete. Ob sein Tod in einem ursächlichen Zusammenhang zu dem Geschehen im April 2021 steht, ist nun Gegenstand des Ermittlungsverfahrens.

Mit den Ermittlungen ist die Polizei Bonn betraut. Die Beamten wurden vorläufig vom Dienst suspendiert. Hinweise auf ein möglicherweise ausländerfeindliches Motiv lägen bislang nicht vor, sagt Bremer.

Die Polizeibeamten stehen außerdem im Verdacht, sich mit weiteren Kollegen in privaten Chat-Nachrichten über dienstliche Vorgänge ausgetauscht zu haben, die strafrechtlich relevant sein könnten. Dabei geht es nach Angaben von Bremer unter anderem um das mögliche Verabreden zur Anwendung von Gewalt. „Es waren keine Nachrichten in Gruppen-Chats, sondern in 1:1-Chats“, sagt Bremer. Beamte sollen sich dabei zu gemeinsamen Diensten verabredet haben, um eventuellen Widerstandshandlungen potenzieller Beschuldigter „mit übermäßiger Gewalt zu begegnen“, wie Bremer sagt.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) konkretisierte die Vorwürfe am Nachmittag in Düsseldorf und sprach von „Textnachrichten mit nicht zu akzeptierenden Inhalten“. Die Nachrichten auf den beschlagnahmten Telefonen ließen darauf schließen, dass die Beschuldigten möglicherweise sogar Widerstandshandlungen provoziert hatten, um selbst körperliche Gewalt anwenden zu können. Über diese Gewalt hätten sie sich dann zum Teil in „inakzeptabler Weise“ geäußert und teils sogar geprahlt. „Gerade einen umgeklatscht“, habe ein Polizist etwa nach einer Gewaltanwendung im Einsatz geschrieben. „Solche Äußerungen gehen für mich absolut gar nicht“, sagte Reul. Sie seien unentschuldbar. Ein solches Dienstverständnis werde er in der Polizei nicht dulden, kündigte der Innenminister an. Rechtsextreme oder rassistische Nachrichten habe es nach seiner Kenntnis aber nicht gegeben. „Natürlich gilt für die fünf Polizisten die Unschuldsvermutung“, sagte Reul. Man könne aber sicher sein, dass alles getan werde, um den Fall restlos aufzuklären. Wer „gewaltaffin“ sei oder mit Gewalt prahle, habe in seinen Augen nichts bei der Polizei zu suchen.

Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW, das die Aufsicht über die Polizeibehörden des Landes in Disziplinarangelegenheiten führt, hat die durch das Polizeipräsidium Köln eingeleiteten Disziplinarverfahren aufgrund der Schwere der Vorwürfe übernommen. Die Disziplinarverfahren sind derzeit aber wegen der strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Vier Beamte sind noch auf Probe. Sollten sie verurteilt werden, steht wahrscheinlich ihre Entlassung an.

(mit Agentur-Material)
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