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Sexuelle Übergriffe unter Kindern Kölner Kita erteilt Eltern von misshandelten Kindern Hausverbot

Düsseldorf · In einer Kita im Kölner Westen ist es wiederholt zu sexuellen Übergriffen zwischen Kindern gekommen. Das wurde 2018 bekannt. Nun hat das Bistum den Eltern der betroffenen Kinder Hausverbot erteilt - und will die Kinder ab März nicht mehr betreuen.

Jacken hängen in einer Kindertagesstätte (Symbolbild).

Jacken hängen in einer Kindertagesstätte (Symbolbild).

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Wie geht man richtig damit um, wenn es zu sexuellen Übergriffen zwischen Kindern kommt? Diese Frage sorgt in einer Kölner Kita derzeit für heftigen Streit.

2018 war bekannt geworden, dass ein fünfjähriger Junge und ein Mädchen im Montessori-Kinderhaus St. Johannes in Köln mehreren Kindern sexualisierte Gewalt zugefügt hatte. Sie hatten mehrere Mädchen mit Stöcken im Genitalbereich und am Po verletzt. Insgesamt sind zwölf Kinder betroffen.

Zwar ergriff das Erzbistum Köln daraufhin einige Maßnahmen, um eine Wiederholung zu verhindern. Trotzdem spitzte sich die Situation zwischen Kita und Eltern so zu, dass „im Montessori-Kinderhaus St. Johannes Köln neun Familien der Betreuungsvertrag von Seiten des Trägers gekündigt wurde“, sagt der Sprecher des Erzbistums Michael Kasiske. Doch wie konnte es dazu kommen?

„Der Schritt war nötig, weil die Eltern den Erzieherinnen und dem Träger nicht mehr vertrauten“, sagt Kasiske. Die Eltern hätten immer wieder und wieder neue Maßnahmen gefordert und letztlich sei es zu Auseinandersetzungen mit den Erziehern gekommen. „Aus diesem Grund hat die Einrichtung entschieden, den Eltern bis zum Auslaufen des Vertrags Ende März ein Hausverbot zu erteilen.“ Das bedeutet, sie müssen ihre Kinder an der Eingangstür abgeben und dürfen die Kita selbst aber nicht mehr betreten.

Dass es die Übergriffe gab, räumte das Erzbistum bereits im November öffentlich ein. Laut Kasiske habe man vieles unternommen, um eine Wiederholung zu vermeiden. „Es ist eine zusätzliche Erzieherin eingestellt worden, mehrere Elternabende wurden abgehalten, die Frühförderstelle Bocklemünd, der Kinderschutzbund und der Landschaftsverband Rheinland sind eingeschaltet worden. Wie gesagt haben einige Eltern jedoch immer wieder neue Forderungen gestellt.“

Die Eltern kritisieren die mangelnde Kommunikation der Einrichtung, wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet. Erste Hinweise auf Übergriffe habe es bereits im April 2018 gegeben. Die seien jedoch als Einzelfall von der Kita abgetan worden, sagt ein Vater. Erst als die Kita-Leiterin den Jungen und das Mädchen in flagranti auf der Toilette erwischte, habe die Kita reagiert. Einige Eltern hätten sich außerdem gewünscht, dass eine unabhängige Fachberatung wie etwa der Verein Zartbitter sowie externe Psychologen einbezogen worden wäre. Die Kirchengemeinde habe dies abgelehnt. „Es wurden ja mit dem Kinderschutzbund Beratungsstellen hinzugezogen“, sagt Kasiske. „Welche Stellen dabei ausgewählt werden, ist eine Entscheidung, die dem Träger überlassen sein sollte.“

Die Eltern fühlen sich nun doppelt bestraft. „Erst wurden unsere Kinder nicht geschützt und nun werden sie auch noch auf die Straße gesetzt. Wie sollen wir ihnen das erklären?“, sagt ein anderer betroffener Vater demnach. Hinzu kommt: Der Junge und das Mädchen, von denen die Übergriffe ausgingen, gehen weiterhin in die Kita. Sie wurden laut Kasiske in eine andere Gruppe versetzt. Auch dort soll es laut anderer Eltern zu Übergriffen auf andere Kinder gekommen sein.

„Diese Vorwürfe sind laut Träger aber nicht haltbar“, sagt Kasiske. „Seit den Vorkommnissen führen die Erzieher Buch darüber, welches Kind sich wann wo aufhält.“ Daran ließe sich nachvollziehen, dass sich die Kinder, um die es in den Anschuldigungen gehe, nicht im selben Raum aufgehalten haben. „Die meisten Eltern sind auch weiterhin mit der Kita zufrieden“, sagt Kasiske. „Es sind neun Familien in einer dreigruppigen Kita, also unter rund 90 Kindern, die unzufrieden sind.“

Unabhängig von der Kita haben die Eltern der betroffenen Kinder den Kölner Verein Zartbitter eingeschaltet. Das bestätigt die Leiterin Ursula Enders unserer Redaktion. Sie hält das Hausverbot nicht für den richtigen Schritt: „Das untergräbt das Vertrauen der Kinder in ihre Eltern. Eine pädagogisch unverantwortliche Botschaft.“

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