Prozess um toten Säugling in Köln Mutter soll Neugeborenes neben Babyklappe abgelegt haben

Köln · Im Sommer 2021 wird ein lebloser Säugling neben einer Babyklappe in Köln gefunden. Die 36-jährige Mutter des Jungen ist nun wegen Totschlags durch Unterlassen angeklagt.

 Die Angeklagte (r.) wartet am Mittwoch mit ihrer Verteidigerin Barbara Schafgan-Herrmann auf den Beginn des Prozesses.

Die Angeklagte (r.) wartet am Mittwoch mit ihrer Verteidigerin Barbara Schafgan-Herrmann auf den Beginn des Prozesses.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Mitarbeiter des Kölner Frauenhauses „Haus Adelheid“ finden am Vormittag des 12. Juli 2021 ein neugeborenes Kind neben der Babyklappe des Gebäudes. Der kleine Junge liegt eingewickelt in ein Handtuch neben der Klappe auf einem Fensterbrett, er lebt nicht mehr. Seine Mutter soll für seinen Tod verantwortlich sein. Die 36-Jährige muss sich nun wegen Totschlags durch Unterlassen vor dem Kölner Landgericht verantworten.

Katharina C. verbirgt ihr Gesicht hinter einer Aktenmappe, als sie den Gerichtssaal betritt. Sie hat die Kapuze ihrer Jacke tief in die Stirn gezogen, hat sehr kurze, dunkelblonde Haare und trägt eine Brille. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, den Jungen am 11. Juli im Badezimmer ihrer Wohnung heimlich zur Welt gebracht und ihn dann sich selbst überlassen zu haben. Die Nabelschnur soll C. mit einer kleinen Schere durchtrennt, das Kind dann in ein Handtuch gewickelt und in eine Plastiktüte gelegt haben. Bis zum nächsten Morgen soll sie das Kind im Kleiderschrank ihrer beiden älteren Söhne versteckt haben. Die Anklage geht davon aus, dass der Junge nach der Geburt lebensfähig war. Er wog 3600 Gramm und war 50 Zentimeter groß.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat Katharina C. das Kind am nächsten Morgen von ihrer Familie unbemerkt in einen Fahrradkorb gelegt und es zum Haus Adelheid nach Köln-Bilderstöckchen gebracht. Weil sie es nicht in, sondern neben der Babyklappe abgelegt hatte, löste der Alarm nicht aus. Erst etwa zwei Stunden später wurde das Kind entdeckt. Rechtsmediziner konnten damals nicht gesichert feststellen, ob das Kind bereits tot war, als die Mutter es am Fenster ablegte. Laut Anklage starb der Junge an Unterkühlung.

Katharina C. hat vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Jungen. Sie sollen inzwischen zwischen neun und 17 Jahre alt sein. Sie soll ihre erneute Schwangerschaft bewusst vor ihrem Mann, dem Vater ihrer Kinder, verheimlicht haben. Warum, ist noch unklar. Die Ermittler gehen aber nicht davon aus, dass sie die Schwangerschaft verdrängt hat. Sie soll ihrer Familie gegenüber von einer „Scheinschwangerschaft“ gesprochen und so wohl den Bauchumfang erklärt haben. Auf Antrag ihrer Verteidigerin lässt das Gericht die Öffentlichkeit am ersten Prozesstag nach Verlesung der Anklage ausschließen – zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Angeklagten. Ihre Vernehmung fand danach hinter verschlossenen Türen statt. Sie hatte angekündigt, sich zu ihrem Lebenslauf und zu den Tatvorwürfen äußern zu wollen.

 Die Belegschaft des Frauenhauses gab dem toten Jungen den Namen Elias. Er wurde in Köln beerdigt.

Die Belegschaft des Frauenhauses gab dem toten Jungen den Namen Elias. Er wurde in Köln beerdigt.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Polizei fahndete damals öffentlich nach der Kindsmutter. Der Kassenzettel eines Discounters brachte sie schließlich auf die Spur von Katharina C. Der Zettel hatte zwischen dem Baby und dem Handtuch geklebt. Ermittlungen in dem Geschäft brachten schließlich den entscheidenden Hinweis. Die Belegschaft des Frauenhauses gab dem Jungen den Namen Elias. Er wurde im vergangenen Sommer auf einem Kindergräberfeld in Köln bestattet.

Für den Prozess sind vier Verhandlungstage angesetzt. Am 25. Februar könnte das Urteil gesprochen werden.

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