Razzien in Köln, Essen, Krefeld und Pulheim Bande soll mehr als 800.000 Euro Corona-Soforthilfe ergaunert haben

Köln · Die Polizei hat in mehreren NRW-Städten Wohnungen durchsucht. Es geht um den Verdacht des Corona-Soforthilfebetrugs. Eine Bande soll Summen in Millionenhöhe beantragt haben - ausgezahlt wurden mehr als 800.000 Euro.

 Polizisten bei einer Razzia (Archiv)

Polizisten bei einer Razzia (Archiv)

Foto: dpa/Jens-Ulrich Koch

Mit Durchsuchungen und Festnahmen in mehreren Städten in NRW und in Österreich sind Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag gegen Betrug mit Corona-Soforthilfen im großen Stil vorgegangen. Durch falsche Angaben bei den Online-Anträgen für Corona-Hilfen bei der Bezirksregierung Düsseldorf sollen mehrere Beschuldigte Subventionen in Höhe von 1,2 Millionen beantragt haben, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft Köln nach Abschluss der Razzia mit. 800.000 Euro sollen tatsächlich ausgezahlt worden sein, wie der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer mitteilte.

Die Tatverdächtigen sollen zudem aus dem Ausland stammende Familienmitglieder angeworben haben, um Hilfsgelder zu ihren Gunsten über das Internet zu beantragen. Zusätzlich wird mehreren Beschuldigten vorgeworfen, bereits seit Mai 2013 mit gefälschten Meldebescheinigungen unberechtigt Kindergeld bezogen zu haben. Vier Männer im Alter von 23 bis 45 Jahren wurden am Donnerstag festgenommen, einer davon in Österreich. „Einige von ihnen hatten keinen festen Wohnsitz“, sagt Bremer. Es handele sich im Mitglieder einer Großfamilie. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Insgesamt richte sich das Ermittlungsverfahren gegen 13 Beschuldigte. Die Schadenssumme liege bei rund 1,5 Millionen Euro.

In einer mehrstündigen Razzia hatten rund 100 Beamte in Köln und im nahe gelegenen Bergheim und Pulheim sowie in Krefeld und Essen Wohnungen und eine Firmenhalle durchsucht. Sie stellten Laptops, Mobiltelefone und USB-Sticks sicher. Parallel dazu waren Ermittler in Österreich im Einsatz und unterstützten die deutschen Behörden. In der Wohnung eines der Beschuldigten in Bergheim fanden die Beamten eine Fälscherwerkstatt, die die Täter zur Herstellung von falschen Personalausweisen und Führerscheinen genutzt haben sollen. „Diese Ausweise sollen zur Beantragung des Kindergelds benutzt worden sein“, sagt Bremer.

Bei einer Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betrugs drohen den Beschuldigten Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Tausende Verdachtsfälle

Vor einem Monat hatte die Landesregierung bereits von rund 4350 Verdachtsfällen in NRW gesprochen, in denen mit Corona-Soforthilfen betrogen worden sein soll. Es werde gegen 4940 Beschuldigte ermittelt, hatte das Innenministerium Anfang November berichtet. Dabei sollen Hilfssummen beantragt und kassiert worden sein, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt waren. In einigen Fällen hatten Verdächtige dabei auch über gefälschte Internetseiten Soforthilfe abfischen wollen.

Der Deutsche Richterbund rechnet damit, dass sich die Justiz mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Corona-Krise „noch bis weit ins nächste Jahr hinein beschäftigen“ wird. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte laut Mitteilung: „Trotz des zwischenzeitlichen Auslaufens der staatlichen Hilfsprogramme erreichen die Staatsanwaltschaften weiterhin viele Verdachtsfälle erschlichener Corona-Soforthilfen.“

Hinweise der auszahlenden Banken auf mögliche Straftaten gehen laut Richterbund teilweise erst mit einigem zeitlichen Abstand bei den Strafverfolgern ein. Bisher hätten mehr als 20.000 Fälle wegen erschlichener Corona-Soforthilfen oder „anderer Straftaten mit Pandemie-Bezug“ die Staatsanwaltschaften deutschlandweit erreicht.

(hsr/dpa)
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