Mutmaßlicher Übergriff in Kölner Bad „Es werden schnell Stereotype verbreitet“

Köln · Acht Jugendliche und Männer sollen ein 13 Jahre altes Mädchen in einem Kölner Bad bedrängt und sexuell missbraucht haben – der Fall löst in den sozialen Medien viele Emotionen aus. Ein Ethnologe warnt vor vorschnellen Schlüssen.

Eingang zum Agrippabad in Köln. Ein 13-jähriges Mädchen soll in dem Bad von einer Gruppe Jugendlicher und junger Männer sexuell missbraucht worden sein.

Eingang zum Agrippabad in Köln. Ein 13-jähriges Mädchen soll in dem Bad von einer Gruppe Jugendlicher und junger Männer sexuell missbraucht worden sein.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Zwei Tage nachdem eine 13-Jährige im Kölner Agrippabad von acht Jugendlichen und Männern sexuell missbraucht worden sein soll, ist die Kölner Polizei weiter mit den Ermittlungen zum genauen Tathergang beschäftigt. So soll auch das Mädchen noch einmal vernommen werden, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage mitteilte.

Der Fall löst bei Nutzern der sozialen Medien viele Emotionen aus – auch, weil die Polizei die Nationalitäten der 16 bis 26 Jahre alten Tatverdächtigen benannt hat: Vier haben die syrische, drei die türkische Staatsangehörigkeit, einer stammt aus dem Irak. Diese Information nutzt etwa die AfD zur Stimmungsmache und erinnert in einem Posting auf Twitter an die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 – verbunden mit der Forderung nach Abschiebungen.

Die Kölner Polizei habe die Nationalitäten im aktuellen Fall genannt, weil die Tat so außergewöhnlich sei, wie ein Sprecher sagt. Die Tat sei zudem mutmaßlich aus einer größeren Gruppe heraus begangen worden, von der „ein nicht unerheblicher Anteil durch gemeinsame Merkmale wie ethnische, religiöse, soziale oder nationale Herkunft verbunden ist“. Diese Definition entstammt dem Pressekodex, in dem der Deutsche Presserat Grundsätze für eine Berichterstattung festgeschrieben hat, an denen sich auch die meisten Medien orientieren.

Der Ethnologe Martin Sökefeld gibt bei der Nennung von Herkunft oder Religion eines Tatverdächtigen zu bedenken: „Anders, als die Polizei insinuiert, haben die Verdächtigen ja gerade keinen gemeinsamen nationalen Hintergrund. Durch die Nennung der Nationalitäten werden aber schnell Stereotype verbreitet im Sinne von: Ach, wieder muslimische Männer.“ Es gebe aber zum Beispiel sowohl in Syrien, in der Türkei als auch im Irak Angehörige anderer Religionen. „Man müsste auch mehr über die mutmaßliche Tat wissen“, sagt Sökefeld. „Kannten sich die Männer oder haben sie sich zufällig getroffen? War es eine spontane Tat oder war sie geplant?“ Er betont: „Das alles soll keine Entschuldigung sein, aber es wäre voreilig, aus den bisher bekannten Informationen Schlüsse zu ziehen.“

Nach bisherigen Erkenntnissen sollen die Jugendlichen und Männer die 13-Jährige am Sonntagabend im Außenbecken des Agrippabads umringt, bedrängt und hochgeworfen haben. Beim Untertauchen soll einer der Tatverdächtigen, ein 16-Jähriger, dem Mädchen in die Bikinihose gegriffen haben. Dem Mädchen gelang es, sich zu befreien und den Bademeister zu informieren. Der rief die Polizei, die mit sieben Streifenwagen anrückte und die Tatverdächtigen am Ausgang des Bads stellte.

Laut Polizei gibt es einen Zeugen, weitere Zeugen haben sich bislang noch nicht gemeldet. Hinweise an Telefon 0221-229-0.

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