Prozess in Köln 25-Jähriger wegen Mordes an Ex-Freundin und Sohn verurteilt

Köln · Im November 2021 wurden im Rhein bei Köln die Leichen einer jungen Frau und ihres vierjährigen Kindes entdeckt. Nun verurteilte das Landgericht Köln den 25-jährigen Vater des Kindes wegen Mordes zu einer langen Haftstrafe.

Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht beim Prozessauftakt Mitte Juli. (Archivbild)

Der Angeklagte verbirgt sein Gesicht beim Prozessauftakt Mitte Juli. (Archivbild)

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Zehn Monate nach dem gewaltsamen Tod einer 24-Jährigen und ihres vier Jahre alten Sohnes hat das Landgericht Köln am Dienstag den Ex-Freund der Frau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Kammer stellte zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung nach 15 Jahren ist damit so gut wie ausgeschlossen. „Der Tod der beiden hat großes Leid über die Familie gebracht“, sagte die Vorsitzende Richterin. „Die Trauer wird sie ihr Leben lang begleiten.“ Die Tat sei eine Tragödie – auch für die Familie des Täters, sagte sie. Zur Urteilsverkündung kamen Dutzende Freunde und Angehörige der Getöteten, viele trugen schwarze T-Shirts mit der Aufschrift: „Justice for Derya & Kian“.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der 25-jährige Anil G. aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen handelte, als er spätestens im November 2021 den Entschluss fasste, den Doppelmord zu begehen. Er hatte erst wenige Monate zuvor erfahren, dass er der Vater des Vierjährigen ist, beim Kölner Jugendamt lief ein Verfahren um Unterhaltszahlungen für den Jungen. Anil G. wollte wohl um jeden Preis verhindern, dass seine aktuelle Verlobte von der Vaterschaft erfährt. Er fürchtete, sie würde ihn verlassen. G. wollte zudem keinen Unterhalt für das Kind bezahlen. Er und die Mutter des Jungen waren 2017 nur kurz ein Paar, kannten sich aber schon aus Schulzeiten.

Anil G. hatte im Verfahren zunächst geschwiegen, dann aber am achten Verhandlungstag gestanden, die Frau und das Kind abends an den Rhein zum Niehler Hafen gelockt und dort auf einem dunklen Feldweg mit einem Messer getötet zu haben. Er hatte in einem Telefonat mit der 24-Jährigen offenbar den Eindruck vermittelt, seinen Sohn kennenlernen und zu seiner Vaterschaft stehen zu wollen – auch finanziell. Der Vierjährige war an jenem Sonntagabend eigentlich schon im Bett, seine Mutter nahm ihn aber mit. Die Kammer geht davon aus, dass sie sich auch deshalb gut gelaunt zu dem Treffen aufmachte, weil das Gespräch am Telefon mit G. positiv verlaufen war. Den Treffpunkt am Hafen erklärte G. damit, dass seine Verlobte zunächst nichts mitbekommen solle.

 Esrin Seyhun, Vater der Getöteten und Großvater des kleinen Kian, hat als Nebenkläger am Prozess teilgenommen.

Esrin Seyhun, Vater der Getöteten und Großvater des kleinen Kian, hat als Nebenkläger am Prozess teilgenommen.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Ein Schiffsführer hatte die Leiche der Frau später im Rhein treiben sehen, die Leiche des Jungen entdeckten Spaziergänger einen Tag später. Der Junge musste wohl mitansehen, wie seine Mutter starb, Anil G. tötete sie zuerst. Die Vorsitzende sagte, die Tat stehe „auf niedrigster Stufe“, da G. nicht nur die Arg- und Wehrlosigkeit seiner Opfer ausgenutzt, sondern sie zudem in einen Hinterhalt gelockt habe. Nach der Tat ging G. ins Fitnessstudio und traf Freunde in einer Shisha-Bar. Er wirkte völlig normal, sagten die Freunde vor Gericht. Man habe sich über Fußball und Urlaub unterhalten. Am nächsten Tag ging er zur Arbeit. Als die Medien am selben Tag über den Fund einer Frauenleiche am Hafen berichteten, informierte er sich im Internet darüber, ob Fingerabdrücke gefunden werden können, wenn ein Täter Lederhandschuhe trug.

In seinem letzten Wort hatte der Angeklagte sich beim Vater der Frau entschuldigt und seine Tat als „grausam“ bezeichnet. Der Vater hat als Nebenkläger am Prozess teilgenommen und die vielen grausamen Details äußerlich ruhig ertragen. Ob sein Enkel noch versucht hat, davonzulaufen, als die Mutter sterben musste, wird er nie erfahren. Die Kammer schließt aus, dass der Junge zuerst getötet wurde, weil er eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter hatte und die „wie eine Löwin“ gekämpft hätte, wenn G. zuerst ihren Sohn angegriffen hätte, so die Vorsitzende. Die Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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