Mönchengladbach Kirchen suchen neue Notfallseelsorger

Mönchengladbach · Die zunehmende Belastung von Pfarrern, Priestern und Gemeindereferenten führt dazu, dass der Dienst in der Notfallseelsorge personell auf Dauer nicht mehr geleistet werden kann. Deshalb werden Ehrenamtliche gesucht.

Notfallseelsorger überbringen Todesnachrichten, trösten Angehörige, beten mit ihnen oder hören einfach nur zu. Wenn Feuerwehrleute und Polizisten an ihren Einsatzorten Menschen treffen, die verzweifelt sind, rufen sie die ökumenische Notfallseelsorge an. Im Schnitt geschieht das 150-mal im Jahr. Auslöser können schlimme Verkehrsunfälle sein, Gewaltverbrechen, Suizidandrohungen, aber auch plötzlicher Kindstod. "Notfallseelsorger leisten Erste Hilfe für die Seele. Sie haben Zeit für die Menschen, wenn die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr noch alle Hände voll zu tun haben", sagt Superintendent Hermann Schenck.

Der Einsatz der Notfallseelsorger — zwei Drittel sind Theologen, also Pfarrer, Priester, Pastoral- und Gemeindereferenten — ist komplett ehrenamtlich. Doch wegen der zunehmenden Belastung von allen Mitarbeitern in diesem Bereich können sie die Notfallseelsorge auf Dauer nicht mehr alleine leisten. Schon jetzt helfen qualifizierte Ehrenamtliche, "die es als ihre Christenaufgabe sehen, Trauernden und Verzweifelten in Notsituationen beizustehen", sagt Pfarrer Ulrich Meihsner, Koordinator der Notfallseelsorge.

Weil an allen Tagen im Jahr rund um die Uhr Notfallseelsorger zur Verfügung stehen müssen, reichen die derzeit 20 Aktiven eigentlich nicht aus. "Wenn ich sonntags zwei Gottesdienste habe, kann ich keine Rufbereitschaft übernehmen", sagt Meihsner. Deshalb gehen die Kirchen jetzt an die Öffentlichkeit, um Ehrenamtliche zu werben. Die Bewerberinnen und Bewerber für diese wichtige und sensible Aufgabe werden nach einem speziellen Auswahlverfahren ausgebildet.

Leicht ist die Notfallseelsorge nicht: "Sagen Sie mal einer Frau von drei kleinen Kindern, dass ihr Mann nicht mehr von der Arbeit kommt, weil er gerade tödlich verunglückt ist", berichtet Regionaldekan Ulrich Clanzett. Er weiß aus Erfahrung, wie belastend eine solche Aufgabe ist. Er sagt aber auch: "Notfallseelsorge ist auch erfüllend." Denn wie Gemeindereferent Bernhard Krinke-Heidenfels, ebenfalls Koordinator, berichtet, gebe es sehr viele positive Rückmeldungen von Betreuten.

Feuerwehr- und Polizeieinsatzkräfte wollen und können auf die Unterstützung der Notfallseelsorger nicht mehr verzichten. "Wenn unsere Leute noch mit der Gefahrenabwehr und der Beweissicherung beschäftigt sind, ist es gut, wenn Fachleute Opfer und Angehörige betreuen", sagt Polizeidirektor Reinhard Lenzen-Fehrenbacher. Professionalität sei auch in diesem Bereich wichtig, "mitfühlend zu sein, reicht oft nicht aus".

Bei der Feuerwehr sieht die Lage nicht anders aus. Menschen retten, Brände bekämpfen — in der Hektik fehlt einfach die Zeit, die Situation am Rand im Blick zu haben. Und auch hier spielt die Personaldecke eine Rolle. "Ich habe für das gesamte Stadtgebiet nur zwei Notärzte zur Verfügung", sagt Dirk Schattka, stellvertretender Feuerwehrchef. Die könne man nicht einfach zwei Stunden binden, um am Krankenbett zu trösten.

Deshalb sind Notfallseelsorger sehr häufig an Einsatzorten, die oftmals auch von Schaulustigen umringt sind. "Das ist kein Abenteuer-Spielplatz", warnt Martina Wasserloos-Strunk vom Kirchenkreis Gladbach-Neuss. Und: "Wer doll was erleben will, ist als Notfallseelsorger falsch."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort