Mehrfacher Kindesmissbrauch Verdächtiger im Fall Lügde soll auf Bildern zu erkennen sein

Lügde · Die verschwundenen Datenträger im Fall Lügde sind nicht gefunden worden. Der Sonderermittler spricht von Fehlern und Führungsversagen. Das vorhandene Beweismaterial hält er aber für ausreichend.

Fotos: Campingplatz in Lügde Tatort in Fällen von Kindesmissbrauch
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Campingplatz in Lügde Tatort in Fällen von Kindesmissbrauch

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Foto: dpa/Guido Kirchner

Der Sonderermittler im Polizeiskandal nach dem massenhaften Missbrauch in Lügde, Ingo Wünsch, hält die Beweismittel trotz verschwundener Asservate für ausreichend. „Es gibt sehr belastendes Bildmaterial, auf dem der Haupttatverdächtige eindeutig zu erkennen ist“, sagte Wünsch.

Der Kriminaldirektor war vom NRW-Innenministerium zur Kreispolizeibehörde Lippe gesandt worden, nachdem dort 155 Datenträger verschwunden waren. Wünsch sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag): „Wir haben alles auf den Kopf gestellt, vom Keller bis zur Damentoilette.“ Außerdem habe man 30 Befragungen durchgeführt. Die CDs tauchten aber nicht wieder auf. Wünsch sieht jetzt die Staatsanwaltschaft am Zug: „Die hat andere Möglichkeiten im Rahmen der Strafprozessordnung. Ich persönlich will jedenfalls unbedingt erfahren, was mit den CDs passiert ist.“

Genauso wichtig sei es jetzt zu klären, „welche Strukturen das Verschwinden der Asservate begünstigt haben und warum das Fehlen so lange unentdeckt geblieben ist“. Die Fehler hätten frühzeitig erkannt werden müssen. „Das war Führungsversagen.“ Bei der Polizei des Kreises Lippe wurde bereits mehrere führende Polizeibeamte wegen der Pannen in dem Fall versetzt oder von ihren Aufgaben entbunden.

Das Ausmaß der Fälle von Kindesmissbrauch sei erschreckend. „Bei jeder Tat wird die Seele eines Kindes ermordet. Wir müssen Überlegungen anstellen, wie wir bei der Auswertung großer Datenmengen effektiver vorgehen können“, sagte Wünsch.

Der CDU-Fraktionschef im Landtag in Hannover, Dirk Toepffer, sieht dringenden Bedarf für einen Sonderermittler in Niedersachsen. Neben der strafrechtlichen Aufarbeitung wäre eine unabhängige Instanz wegen des offensichtlichen Behördenversagens nötig. „Da lohnt der Blick nach Nordrhein-Westfalen, das ein ähnliches Problem hat“, sagte Toepffer am Freitag in Hannover und betonte: „Wir haben einen Skandal, der zwei Bundesländer betrifft: auf der einen Seite haben wir offensichtlich zu 99 Prozent Polizeiversagen, auf unserer Seite haben wir zu 99 Prozent offensichtliches Versagen der Jugendbehörde.“

In Lügde soll ein arbeitsloser Dauercamper mit einem Komplizen über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Der 56-Jährige setzte dabei sein Pflegekind, ein kleines Mädchen, den Ermittlungen zufolge ein, um andere Kinder anzulocken. Bislang gehen die Ermittler von mindestens 35 Opfern und zusätzlich von 16 Verdachtsfällen aus. Die Jugendämter in Lippe und Hameln sollen frühere Hinweise auf sexuellen Missbrauch falsch eingeschätzt haben. Zum Teil wurden Akten von Mitarbeitern manipuliert. Es wird gegen Jugendamtsmitarbeiter und Polizisten ermittelt.

(top/dpa)
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