Reaktion auf Fall Lügde LKA schaltet neues Hinweistelefon für Kindesmissbrauch frei

Düsseldorf · Wer den Verdacht auf möglichen sexuellen Kindesmissbrauch in seinem Umfeld hat, kann sich ab sofort an eine neue Telefon-Hotline des LKA wenden. Das Projekt ist bundesweit einmalig.

 Eine Ermittlerin am Hinweistelefon im LKA erklärt Innenminister Herbert Reul (CDU) ihre Arbeit.

Eine Ermittlerin am Hinweistelefon im LKA erklärt Innenminister Herbert Reul (CDU) ihre Arbeit.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Das NRW-Landeskriminalamt hat ein neues Instrument für den Kampf gegen Kindesmissbrauch vorgestellt. Ab sofort ist das neue Hinweistelefon freigeschaltet. Die Nummer 0800 0431431 können Bürger anrufen, die Hinweise auf möglichen sexuellen Missbrauch von Kindern oder Jugendlichen haben. Das Telefon soll den Notruf ergänzen: Man kann die neue Nummer nicht nur bei unmittelbarer Gefahr anrufen, sondern den Polizeibeamten auch gesammelte Beobachtungen über einen längeren Zeitraum schildern. NRW ist das erste Bundesland, das eine solche Nummer einführt.

„Es gibt Situationen, die kein Notfall, aber trotzdem ungemein beunruhigend sind“, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung. Dafür habe man jetzt eine Nummer für „das schlechte Bauchgefühl“. Ihre Einführung ist eine Reaktion auf die vielen Missbrauchsfälle in den vergangenen Jahren. Besonders schwer war der Fall Lügde: Auf einem Campingplatz sollen die Täter über zehn Jahre hinweg Kinderpornografie produziert und verbreitet haben. Die zuständige Staatsanwaltschaft geht von 1000 Einzeltaten aus. Dabei gab es schon im Jahr 2016 erste Hinweise an die Polizei. „Bei Lügde gab es Hinweise, die nicht ernst genommen wurden“, sagte Reul. Daraus habe die Polizei gelernt.

Vier Polizeibeamtinnen betreuen zunächst das Telefon. Sie sind Teil der Zentralen Auswertungs- und Sammelstelle für Kinderpornografie (ZASt) des LKA. Sie sichten dort als Teil ihrer Arbeit täglich verdächtiges Bildmaterial, das Kinderpornografie sein könnte. „Wir sehen deswegen jeden Tag die Bedeutung der Verhütung und der Bekämpfung in diesem Deliktfeld“, sagte Kriminalkommissarin Henrike Lübbers, die zu den vier Mitarbeiterinnen gehört. Neben ihrem normalen Telefon für das Alltagsgeschäft steht auf ihrem Tisch nun ein zweiter Apparat für die Hinweise zum Kindesmissbrauch.

„Auf Grundlage des Gesprächs stellen wir gegebenenfalls eine Strafanzeige oder leiten die Erkenntnisse an die zuständigen Behörden weiter“, sagte Lübbers. Für das Hinweistelefon sind die Kommissarin und ihre Kollegen auch in der Gesprächsführung mit Kindern geschult worden. Ob es bei den vier Stellen bleibe, sei noch offen, sagte ZASt-Leiter Sven Schneider. „Wir sind die ersten, die ein solches Telefon haben. Da könnten theoretisch auch Menschen aus Berlin oder München anrufen“, sagte Schneider. Auch diese Anrufe sollen bearbeitet werden. „Wir starten mit vier Leuten und können nachbessern, wenn der Bedarf da ist.“

Allein im Jahr 2020 zählte das NRW-Innenministerium 4776 Fälle von Kinderpornografie und 3553 Fälle von Kindesmissbrauch. Die Dunkelziffer ist laut LKA hoch. ¶

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