Verbot in Mülheim Kindergartenkinder dürfen nicht mehr Reisebus fahren

Mülheim · Seit Dienstag dürfen städtische Kitas in Mülheim keine Ausflüge mehr mit Reisebussen unternehmen. Die Stadt sieht Sicherheitslücken, da viele Reisebusse nicht über Kindersitze oder geeignete Gurte verfügen. Das Verbot sorgt für Aufsehen: Auch in Dinslaken, Essen und Oberhausen prüft man Neuregelungen.

 Reisen kleine Kinder in Reisebussen sicher?

Reisen kleine Kinder in Reisebussen sicher?

Foto: Fotos: Dpa | Montage: Radowski

Es ist ein Problem, von dem die Stadt Mülheim bis vor Kurzem überhaupt nicht wusste, dass es existiert: "Eine Erzieherin hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass die Kindergärten heutzutage auch weiter entfernte Ausflugsziele ansteuern und uns gefragt, ob es irgendwelche Sicherheitshinweise bei den Reisebussen zu beachten gebe", berichtet Stadtsprecher Volker Wiebels. Kurzerhand prüfte die Stadt Mülheim die Anfrage und kam zu dem Schluss, dass Reisebusse für Kindergartenkinder alles andere als sicher seien.

Nach Rücksprache mit der Polizei, die der Stadt versicherte, dass Unfälle mit Reisebussen für Kinder ohne ausreichende Sicherung mit Kindersitzen in Verbindung mit Drei-Punkt-Gurten lebensgefährlich seien, entschied sich die Stadt für ein Verbot. Seit Dienstag gilt es — und sorgt für Aufmerksamkeit. In Leverkusen beobachtet man die Situation in Mülheim genau. In Oberhausen, Essen und Dinslaken wollen die Verwaltungen prüfen, ob ein Verbot beziehungsweise eine Neuregelung ebenfalls in Frage kommt.

"In Oberhausen kommt das Thema auf den Prüfstand", sagt Sprecher Martin Berger. "In diesem Zusammenhang wird auch Kontakt mit den freien Trägern aufgenommen, um so herauszufinden, wie dort verfahren wird und welche Erfahrungen bisher gemacht wurden." Ziel sei eine einheitliche Verfahrensweise.

Auch in Dinslaken ist man hellhörig geworden und fragt sich nun, ob Ausflüge mit Bussen generell ein Sicherheitsrisiko bergen. "Wir überlegen gegenwärtig, wie Mülheim zu verfahren", sagt Stadtsprecher Horst Dickhäuser. "Es geht nicht nur um Unfälle, sondern ganz allgemein auch darum, dass kleine Kinder während einer Fahrt mit dem Bus unruhig sind und von ihren Plätzen aufstehen und durch den Bus laufen." In Düsseldorf hingegen gibt es laut Stadt schon länger Gurt- und Anschnallpflicht.

In Mülheim müssen die Kinder jetzt umsteigen. Man habe die städtischen Kindergärten vor die Wahl gestellt, auf die elterlichen Pkw auszuweichen, auf Reisebusse mit Sicherheitssystemen, die auf Kleinkinder ausgerichtet sind, oder auf den öffentlichen Personennahverkehr.

Die Landesverkehrswacht NRW sieht in dem Ausweichen auf den ÖPNV keine Alternative. "Öffentliche Busse haben gar keine Anschnallgurte", sagt der Geschäftsführende Direktor Burkhard Nipper. Das Argument der Stadt Mülheim, dass der ÖPNV deutlich langsamer unterwegs sei als Reisebusse auf der Autobahn, überzeugt ihn auch nicht.

ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold erklärt indes, dass die Reisebusunternehmen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. "Das Personenbeförderungsgesetz hat einfach niedrigere Standards." Seine Lösung: Nur dann weite Strecken mit dem Reisebus zurücklegen, wenn unbedingt nötig, und wenn dann mit Kindersitz. "Eine Überlegung könnte sein, für Kinder unter vier Jahren eine Anzahl von Kindersitzen in den Kitas vorzuhalten, die mit einem Beckengurt hinreichend gesichert werden können", sagt auch die Krefelder Stadtsprecherin.

Dass die Reiseunternehmen ihre Busse nun nachrüsten und Kindersitze oder kindgerechte Gurte anschaffen, ist unwahrscheinlich. "Aufzurüsten würde sich für uns nicht lohnen, da das für uns ein Randgeschäft ist und wir den Kindergärten finanziell schon entgegenkommen", sagt Birgit van den Hoogen von Pilger-Reisen in Krefeld.

Es sei aber kein Problem, wenn die Eltern den Kindern ihre Sitze mitgeben würden. Darüber hinaus sei es falsch, dass Reisebusse besonders oft verunglückten, sagt Suthold. "Es erregt nur immer große Aufmerksamkeit, vor allem wenn kleine Kinder in dem Bus sind."

(jnar)
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