Deutsche in der Ukraine Paar aus Kempen flüchtet mit Zug aus Kiew

Kempen/Kiew · Die Niederrheiner waren am Flughafen in Kiew, als der Krieg ausbrach. Am Tag darauf konnten sie mit einem Zug nach Warschau die ukrainische Hauptstadt schließlich verlassen.

 Viele Menschen versuchen die Ukraine mit Zügen zu verlassen (Symbolfoto).

Viele Menschen versuchen die Ukraine mit Zügen zu verlassen (Symbolfoto).

Foto: dpa/Vadim Ghirda

Hinter Stefan Derks und seiner Frau Melanie aus Kempen (Namen aus Sichrheitsgründen geändert) liegen bange Stunden. Lange ist es für das Paar unklar gewesen, ob sie noch aus Kiew rauskommen. Am Freitagmittag haben sie dann einen Zug erwischt, der sie nach Warschau bringen soll. Ein Foto aus der Bahn haben sie unserer Redaktion geschickt.

Das Paar vom Niederrhein hatte zuvor seit Donnerstagmorgen vergeblich versucht, die Ukraine zu verlassen. Beide waren vom Kriegsbeginn völlig überrascht worden – wie die meisten Menschen. „Wir fühlen uns den Umständen entsprechend noch recht gut. Wir wissen aber nicht, was weiter passiert. Und ich weiß auch nicht, wie und ob überhaupt hier noch Leute rausgeholt werden können“, berichteten sie am Donnerstag aus ihrem Hotel in Kiew.

Unsere Redaktion hatte mit dem Paar am späten Donnerstagabend telefoniert und dann weiter Kontakt mit ihnen per Messenger gehalten. Ein weiteres Paar aus dem Kreis Viersen war ebenfalls bei ihnen im Hotel. Es sollen sich noch mehrere Hundert Deutsche in der Ukraine aufhalten. An die deutschen Staatsangehörigen appellierte das Außenministerium, vorläufig an einem geschützten Ort zu bleiben, falls diese das Land nicht auf sicherem Weg verlassen könnten. Eine Evakuierung deutscher Staatsangehöriger durch deutsche Behörden sei derzeit nicht möglich, hieß es am Donnerstag.

Die Kempener waren am Donnerstagmorgen früh aufgestanden. Um vier Uhr morgens waren die beiden bereits am internationalen Flughafen in Kiew; ihre Maschine in die Heimat nach NRW gehörte zu den ersten, die an diesem 24. Februar starten sollten. Von Krieg war um die Uhrzeit noch nichts zu sehen. „Wir wollten eigentlich um 8.30 Uhr in Dortmund landen, und dann nach Hause fahren“, sagt der 42-Jährige aus Kempen. „Doch dann erschienen plötzlich Soldaten, und alle sind zum Ausgang geströmt“, berichtet er. „Danach kam eine Mitarbeiterin des Flughafens, die Englisch sprach und schrie: Es ist Krieg. Es ist Krieg. Flughäfen sind die ersten Ziele, die angegriffen werden. Alle raus. Wenn hier irgendwas einschlägt, ist hier nichts mehr.“

Daraufhin versuchte das Paar mit dem Zug das Land zu verlassen. Doch auch das war am Donnerstag zunächst aussichtslos. „Am Bahnhof herrschte ebenfalls Chaos, die Strecke war gesperrt. Da ging nichts mehr. Es kann auch keiner helfen, weil kaum jemand Englisch spricht. Infotafeln sind alle auf Kyrillisch“, berichtet er. Die beiden Deutschen kamen tagsüber zunächst in einer Wohnung eines befreundeten Paares unter. „Im Osten der Stadt gab es Einschläge. Das konnte man von der Wohnung aus sehen. Das war aber sehr weit weg“, so der 42-Jährige.

Uhr Hotel war ausgebucht. Für den Notfall gibt es einen Evakuierungsplan. „Die haben da ein paar Leute aufgestellt, die sofort Alarm schlagen, wenn sie etwas Verdächtiges sehen und hören. Dann sollen alle sofort ins Parkdeck laufen“, so Derks. Mit dem Auto Richtung Polen zu fahren soll zu gefährlich gewesen sein. „Es gibt Meldungen, dass die Russen auf alles Fahrbare schießen“, so der Kempener.

Während den Derks die Ausreise mit dem Zug gelang, befindet sich ein weiteres Paar aus dem Kreis Viersen noch in Kiew. Martin Plum, Bundestagsabgeordneter der CDU im Kreis Viersen, setzt sich für die beiden ein. „Den Mann kenne ich schon seit mehr als 20 Jahren. Ich habe zum Krisenstab des Auswärtigen Amtes Kontakt aufgenommen und dort noch einmal die Namen und Kontaktdaten platziert“, so Plum.

(csh)
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