AfD beim Katholikentag in Münster Die Bude bebt, aber es eskaliert nicht

Münster · Mit dem Auftritt von Volker Münz erlebte der Katholikentag eine Premiere: Erstmals saß ein AfD-Vertreter auf einem Podium. Es gab Proteste, Demos, heftige Wortgefechte. Doch der Austausch brachte nicht viel.

Katholikentag 2018: Hunderte demonstrieren gegen AfD auf dem Podium
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Hunderte demonstrieren gegen AfD auf dem Katholikentag 2018

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Politik und Kirche - das ist immer ein spannendes Thema. Brisant aber wird es, wenn ein AfD-Vertreter dabei ist, wie am Samstagnachmittag mit dem kirchenpolitischen Sprechers der AfD Volker Münz. Den Dialog wollte das veranstaltende Zentralkomitee der deutschen Katholiken suchen, Argumente austauschen, den anderen respektieren und erst dann einschreiten, wenn Menschenrechte in Frage gestellt werden.

Aus all den schönen Vorsätzen wurde nichts - oder doch zumindest zu wenig. Gleich zu Beginn stürmte eine kleine Aktionsgruppe den Saal und störte die ersten paar Minuten. Laute Rufe, ein Transparent wurde entrollt und von Ordnern wieder eingerollt, kurzum: es gab heftigere Protestaktionen, doch für einen Katholikentag sind solche Turbulenzen dennoch bemerkenswert.

Schließlich kehrte Ruhe ein - und so blieb es auch, als Münz sein erstes Statement abgab. „Ich lebe nach meinem Glauben. Als Politiker aber muss ich anderen Gesetzmäßigkeiten folgen“, sagte er. Er wolle auch als Politiker den Frieden bewahren, „aber wenn man nicht einmal mehr zu Wort kommt, dann ist auch das eine Störung des Friedens.“ Sehr emotional reagierte Christine Buchholz (Die Linke), die davor warnte, wenn faschistische Positionen nach und nach wieder alltäglich werden - wie mit der AfD.

Das Podium mit seinen sechs kirchenpolitischen Fraktionssprechern bemühte sich redlich um einen Austausch der Positionen, auch wenn es oft die altbekannten waren.

Bilder vom Katholikentag in Münster
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Das ist der Katholikentag in Münster

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Formelhafte Sätze gegen die AfD

Bettina Jarasch von den Grünen etwa, die die multikulturelle Gesellschaft nicht als Vision oder Traum verstanden wissen wollte, sondern „schlicht als eine Tatsache, mit der alle umgehen müssen, die in Zukunft Politik machen. Doch zu einem großen Teil arbeiteten sich die Diskutanten dann immer wieder an Münz und der AfD ab mit all den formelhaften Sätzen, etwa zur Flüchtlingsfrage.

Das christliche Menschenbild wolle man in Deutschland bewahren und „nicht durch ein Experiment gefährden, das auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird. Wir haben hier etwas zu verteidigen: und das ist unsere Rechtsordnung und unsere Kultur.“ Die Politik müsse - Max Weber zitierend - verantwortungsethisch handeln und nicht gesinnungsethisch wie die Kirchen.

Einmal in Fahrt gekommen attackierte er Christine Buchholz, deren Partei die Rechtsnachfolgerin der SED sei und durch den Schießbefehl an der Grenze Hunderte von Toten zu verantworten habe. Buhrufe, ein paar Applaudierende. Die Bude bebte, aber es eskalierte nicht.

Kirche soll sich nicht in Politik einmischen

Politik und Kirche - für Münz gibt es da eine sehr klare Trennungslinie: Denn es sei nach seinen Worten nicht die Aufgabe von Kirchenvertretern, sich in Politik einzumischen. Diese These fand in Münster noch weniger Zustimmung als andernorts. Schließlich liegt im Dom der Friedensstadt Kardinal von Galen (1878-1946) begraben, der unerschrocken Widerstand gegen die Nationalsozialisten geleistet hatte.

Für Kerstin Griese (SPD) hingegen ist das Christentum „viel politischer als die Alltagspolitik. Die Kirchen sind immer diejenigen, die ganz massiv auf die Seite der Armen, der Schwachen, der Entrechteten stehen. Und das erwarte ich auch von meiner Kirche.“

AfD-Vertreter beschuldigt Mitdiskutanten

Als Münz sich zunehmend in der Rolle des politisch Schwarzen Schafes zu gefallen schien und seine Position des Außenseiters pflegte, versuchte er alle anderen Fraktionsvertreter auf dem Podium in die Verantwortung dafür zu nehmen, dass hierzulande „islamistische Anschläge passieren, Messerstechereien und Vergewaltigungen stattfinden“. „Sie haben Schuld auf sich geladen“, glaubte er allen Diskutanten anhängen zu können.

Blieb noch die Kreuz-Debatte in Bayern, die längst die Landesgrenzen des Freistaates überschritten hat. Für Bettina Jarasch ist diese Verordnung „eine Instrumentalisierung der Politik, die ich in dieser plumpen Weise noch nicht erlebt habe“. Christian Hirte (CDU) zeigte indes Sympathie für die Kreuzpräsenz im öffentlichen Raum und glaubte im Kreuz auch ein „kulturstiftendes Element“ auszumachen. Immerhin sei es auf Flaggen und Wappen vertreten und auch auf Bergen zu finden.

Argumente, die für viele im Saal nicht nur wegen des Gipfelhinweises schwindelerregend waren. Auch Münz ist ein Befürworter der Kreuze in Amtsstuben, obgleich nach seinen Worten Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Anordnung nur wegen der Landtagswahl und seiner Angst vor der AfD erlassen habe. Das quittierte das Publikum mit Buhrufen und ein paar roten Karten.

Die meisten sind erregt, manche empört, nur der kirchenpolitische Sprecher der FDP ist ein wenig traurig. Inmitten der heißen Diskussion hatte Karlheinz Busen nämlich den Moderator gefragt, ob man nicht lieber über den schönen Katholikentag hier in Münster sprechen könne. Das Verhältnis der Freien Demokraten zur Kirche blieb - mit seinem Auftritt und seinen Kurzbeiträgen - eher indifferent.

(los)
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