Leere Blutbanken nach Corona-Lockerungen Wie Blutspenden einer jungen Mutter aus Mönchengladbach das Leben retteten

Mönchengladbach · Blutspenden werden immer gebraucht, doch seit die Corona-Beschränkungen gelockert wurden, sind die Blutbanken fast leer. Katharina Schaak aus Mönchengladbach musste vor drei Jahren am eigenen Leib erfahren, wie schnell das gefährlich werden kann.

 Katharina Schaak aus Mönchenglabach mit ihren Kindern Emily (3) und MIke (5). Dass sie heute unbeschwert spielen können, verdanken sie Blutspenden.

Katharina Schaak aus Mönchenglabach mit ihren Kindern Emily (3) und MIke (5). Dass sie heute unbeschwert spielen können, verdanken sie Blutspenden.

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)/Ilgner Detlef (ilg)

Die Geschwister Emily und Mike spielen auf dem Trampolin: Wer kann höher springen? Ihre Mutter Katharina Schaak schaut ihnen zu, später geht es noch zum Einkaufen, es ist ein recht normaler Tag bei der Familie. Dass Katharina Schaak ihren beiden Kindern beim Spielen zusehen kann, das ist aber nur dank gespendeten Blutkonserven möglich. Und es war knapp, nur mit Glück konnten die Ärzte vor drei Jahren noch genügend Blut ihrer Blutgruppe auftreiben.

Doch der Reihe nach: Nach der Geburt ihrer Tochter Emily im Juni 2019 ging es Katharina Schaak zunächst gut, Mutter und Kind konnten nach dem Kaiserschnitt bald die Klinik verlassen. Katharina Schaak hat die Blutgruppe null, Rhesusfaktor negativ. Da es sich um einen Kaiserschnitt handelte, wurden einige Blutkonserven ihrer seltenen Blutgruppe bereits auf Vorrat gehalten. Ein paar Tage nach der Geburt brauchte sie diese auch dringend. Es bildete sich ein Hämatom, schnell wurde die Situation dramatisch. „Nachts um drei Uhr wurde ich dann in den OP gebracht, am nächsten Morgen bin ich auf der Intensivstation aufgewacht“, sagt sie. In der Nacht benötigte sie insgesamt sechs Konserven Blut, drei Liter. Ein erwachsener Mensch hat, je nach Körpergröße und Gewicht, circa fünf bis sechs Liter Blut im Körper. „Nur, weil ein Arzt aus seinem Feierabend gerufen wurde und viel rumtelefoniert hat, konnten die Konserven aufgetrieben werden“, sagt Schaak. Während sie im OP lag, bangte ihre Familie um sie.

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Das Problem: ihre Blutgruppe. Mit nur sieben Prozent in der Bevölkerung ist null negativ eine der selteneren Blutgruppen. „Sie ist Fluch und Segen gleichermaßen“, sagt auch Stephan Küpper, Pressesprecher des DRK-Blutspendedienstes West. Denn Menschen mit dieser Blutgruppe sind sogenannte Universalspender, alle anderen Blutgruppen können ihre Spenden empfangen. „Wer aber Blutgruppe null negativ hat, kann nur von Spendern der eigenen Blutgruppe Blut empfangen“, so Küpper. Deshalb hielten Kliniken und Blutbanken auch einen Vorrat an null negativ vor, so können zum Beispiel Unfallopfer schnell Blut erhalten, ohne vorher die Blutgruppe bestimmen zu müssen. „Aktuell ist die Situation aber wieder sehr angespannt. Und da Blut nicht lange gelagert werden kann, können wir auch keine großen Vorräte anlegen“, sagt Küpper.

Die Engpässe seien aber fast erwartbar gewesen, so Küpper. Der Sommer ist ohnehin eine schlechte Zeit für Blutspendedienste. Die Menschen sind viel unterwegs. Da steht die Blutspende oft hintenan. Seit die Corona-Beschränkungen gelockert wurden, sei das noch verstärkt worden. Während der Pandemie aber habe es glücklicherweise eine recht hohe Spendenbereitschaft gegeben. Doch aktuell würden in den Kliniken auch viel Operationen nachgeholt, die im vergangenen Jahr verschoben wurden, um Kapazitäten für Covid-Erkrankte zu schaffen. Und mehr Operationen bedeutet einen höheren Bedarf an Blutkonserven. „Jetzt brauchen wir wieder dringend Spenden“, so Küpper.

Katharina Schaak ist heute sehr dankbar, dass sie noch lebt. Deshalb engagiert sie sich auch für mehr Blutspenden. „Ich selbst kann aus gesundheitlichen Gründen nicht spenden, aber meine Schwester und mein Mann spenden. Und auch mein Bruder und mein Vater setzen sich für Blutspenden ein“, sagt sie. Und manchmal fragt sie sich auch, wer die Menschen sind, die ihr mit den sechs Konserven das Leben gerettet haben. „Man macht sich da ja selten Gedanken drum, bevor es passiert“, sagt Schaak. Doch rund 80 Prozent der Deutschen benötigen laut DRK irgendwann in ihrem Leben einmal eine Blutspende, am häufigsten in der Krebstherapie. Eine Alternative zur Spende gibt es nicht, denn Blut kann nicht künstlich hergestellt werden.

Wer sich gesund fühlt, über 18 Jahre alt ist und über 50 Kilogramm wiegt, kann in der Regel Blut spenden. Auch die Corona-Schutzimpfung ist kein großes Hindernis. „Wer keine Impfreaktion zeigt, der kann im Prinzip schon einen Tag nach der Impfung zum Spenden kommen“, sagt Küpper. Nach einer Corona-Erkrankung sollte man vier Wochen lag keine Symptome mehr zeigen. „Ob jemand geimpft oder genesen ist hat keine Auswirkungen auf die Blutkonserve, man kann bedenkenlos spenden.“ Bei den Spenden selbst, die aktuell meist mit Terminreservierungen stattfinden, gibt es auch keine Testpflicht. „Man sollte nur dann kommen, wenn man sich gesund fühlt. Vor der Spende wird dann sowieso noch einmal die Temperatur gemessen“, so der DRK-Sprecher. Sonstige Hygienemaßnahmen wie Desinfektion, Abstand und Maske seien aber natürlich einzuhalten.

Für Katharina Schaak ist das Thema noch heute sehr emotional. „Ich will gar nicht darüber nachdenken, was passiert wäre, wenn man keine Konserven für mich hätte auftreiben können“, sagt sie. Ihre heute dreijährige Tochter Emily hat als Neugeborenes viel Zeit bei Schaaks Mutter verbracht, als sie selbst im Krankenhaus war. „Sie hat heute noch eine sehr enge Bindung zur ihrer Oma“, sagt die Gladbacherin Und auch an Emilys älterem Bruder Mike ist diese Zeit nicht vorbeigegangen. „Er hat in der Zeit ständig gefragt, wo denn seine Mama sei“, sagt sie, ein bisschen stockt ihr dabei auch drei Jahre später noch die Stimme.

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