Drohungen gegen Kran-Verleiher am Hambacher Forst „Ihr werdet dafür büßen“

Kerpen · Im Kampf um den Hambacher Forst werden auch Unternehmen, die Kräne bereitstellen, zum Ziel. So seien Mitarbeiter massiv bedroht und eingeschüchtert worden. Eine Firma engagierte einen Sicherheitsdienst. Die Polizei ermittelt.

Hambacher Forst: Demonstranten treffen sich zur Kundgebung am Sonntag, 23.09.2018
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Demonstranten treffen sich zur Kundgebung im Hambacher Forst

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Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Unternehmer Terhoven (Namen geändert) aus dem Rheinland werden bedroht, weil ein Kran ihres Unternehmens im Hambacher Forst zur Räumung der Baumhäuser eingesetzt wird. „Die Polizei fährt aus Sicherheitsgründen an unseren Häusern und unserem Firmensitz Streife“, sagt Terhoven. „Zudem haben wir einen Sicherheitsdienst engagiert und die Türen zusätzlich geschützt, damit wir von keinem sogenannten Aktivisten überrascht werden können.“

Mit Beginn der Räumung habe alles angefangen. Zunächst seien die Mails und Anrufe noch freundlich, aber bestimmt gewesen. Aber nach dem tödlichen Unfall des 27-jährigen Journalisten habe sich das geändert. „Unsere Mitarbeiter und wir werden per Mail und am Telefon bedroht“, sagt Terhoven. „Eine Drohung lautete zum Beispiel: Wenn ihr euren Kran nicht abzieht, werdet ihr dafür büßen.“

Seit Wochen werden Zulieferfirmen des Energiekonzerns RWE, die Kräne und Hebebühnen stellen, mutmaßlich von Linksextremisten bedroht und eingeschüchtert. Das Unternehmen Boels zog Maschinen aus dem Hambacher Forst ab, nachdem Unbekannte auf dem Firmengelände in Willich ein Feuer gelegt hatten. „Das geht für mich zu weit, sobald die Sicherheit meiner Mitarbeiter gefährdet wird, ziehe ich eine Linie“, sagte Geschäftsleiter Pierre Boels. Die Kriminalpolizei Mönchengladbach ermittelt.

Konkrete Hinweise, dass das Feuer von Linksextremisten gelegt worden sein könnte, hat die Polizei aber nicht. Wie die Firma Terhoven wurde auch Boels vor dem Brand massiv bedroht. Zudem seien Gebäude beschmiert und Firmeneigentum beschädigt worden. „Wir hoffen, dass die Situation nicht noch weiter eskaliert“, so Boels.

Als erstes hatte die Düsseldorfer Firma Gerken ihre Maschinen aus dem Hambacher Forst abgezogen – allerdings mit einer anderen Begründung. Der Arbeitsbühnen-Verleiher hatte erklärt, dass man mit der Vorgehensweise im Hambacher Forst absolut nicht einverstanden gewesen sei und man den Einsatz der Bühnen nicht rechtfertigen könne. Nach Informationen unserer Redaktion soll auch dieses Unternehmen bedroht worden sein. Dazu äußern will es sich nicht.

Hambacher Forst: So leben die Aktivisten in ihren Baumhäusern
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So leben die Aktivisten in ihren Baumhäusern im Hambacher Forst

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Foto: dpa/Jana Bauch

Die Firma Terhoven will ihren Kran dennoch nicht abziehen. „Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir bleiben standhaft und zeigen Flagge“, sagen die Unternehmer. „In einer Demokratie kann jeder seine Meinung haben. Das ist gut. Aber es kann nicht sein, dass gegen uns und andere eine Hetzkampagne betrieben wird.“

Auch die Mitarbeiter von RWE werden massiv bedroht. In einer Drohmail heißt es etwa: „Ich habe eine Vision. Nachts fahre ich auf einer Straße und sehe im Straßengraben ein verunglücktes Auto. Sofort steige ich aus, um zu helfen. Da sehe ich, dass es sich um einen RWE-Dienstwagen handelt. Ich denke an die geplante Sauerei im Hambacher Forst und steige wieder in mein Auto und fahre weiter.“

Marcel Kaiser (Name geändert) ist Bergbauingenieur und RWE-Einsatzleiter im Hambacher Forst. Wie viele andere ist auch er schon mit Fäkalien übergossen worden. „Wir waren zu fünft und hatten uns mit Regenschirmen geschützt. Die ersten drei Eimer mit Fäkalien konnten wir abwehren, der vierte hat voll getroffen. Einer meiner Kollegen hat alles in den Kragen bekommen“, sagt Kaiser, der anonym bleiben möchte, weil er fürchte, abermals angegriffen zu werden. „Kollegen von mir wurden schon in ihrer Freizeit attackiert.“

RWE bestätigt die Vorfälle. „Partnerfirmen, die bei der Räumung im Einsatz waren, wurden teilweise massiv bedroht und beleidigt. Auch unsere Mitarbeiter erhalten Drohmails und werden mit übelsten Beleidigungen konfrontiert. Das alles hat mit friedlichen Protesten nichts zu tun. Das sind Straftaten, die wir nicht hinnehmen können“, sagt ein Konzernsprecher.

Wer hinter den Einschüchterungsversuchen steckt, ist nicht bekannt. Das Aktionsbündnis „Hambi bleibt“ hat nach eigenen Angaben nichts damit zu tun.

Die Polizei hat am Dienstag das letzte Baumhaus geräumt. Sie wird weiter Präsenz zeigen. Die Zahl der Einsatzkräfte werde aber bis zum Beginn der Rodungen heruntergefahren. Flutlichter und Sicherheitszäune sollen verhindern, dass Gegenstände in den Wald gebracht und neue Baumhäuser gebaut werden.

Auf der Internetplattform Indymedia schreiben Unbekannte Sätze wie diese: „Hass und Gewalt gegen die Drecksbullen, gegen RWE und jeden anderen Großkonzern (...) Unsere Herzen brennen und unsere Mollis auch.“ RWE-Mitarbeiter haben nun auch wieder Flaschen gefunden, deren Inhalt nach Benzin gerochen haben soll.

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