Ärger über "antizionistische" Arbeitshilfe Jüdischer Landesverband sagt Israel-Reise mit Protestanten ab

Düsseldorf · Eigentlich wollten Juden und evangelische Christen aus dem Rheinland am Donnerstag zusammen nach Israel reisen. Daraus wird nun nichts. Grund ist eine Gottesdienst-Arbeitshilfe der evangelischen Kirche zum Thema Israel.

 Die Altstadt von Jerusalem sieht man durch eine Tür mit einer Auslassung in der Form eines Davidsterns. (Symbol)

Die Altstadt von Jerusalem sieht man durch eine Tür mit einer Auslassung in der Form eines Davidsterns. (Symbol)

Foto: ap, OB SS

Der Landesverband der jüdischen Gemeinden von Nordrhein hat eine schon länger geplante gemeinsame Israel-Reise mit Vertretern der Evangelischen Kirche im Rheinland (Ekir) kurzfristig abgesagt. Der Grund ist der Ärger über eine Gottesdienst-Arbeitshilfe zur Staatsgründung Israels vor 70 Jahren. (Hier geht es zur Arbeitshilfe).

In der Arbeitshilfe hatte der Pfarrer im Ruhestand Rainer Stuhlmann ein Essay veröffentlicht unter dem Titel "70 Jahre Staat Israel - ein Datum im christlichen Kalender". Darin nennt Stuhlmann die Gründung Israels einen "Grund zur Trauer" für die Palästinenser. "Den einen hat die Staatsgründung Schutz, Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit gebracht, den anderen Vertreibung, Zerstörung, Zwang und Unrecht", schreibt er darin. Außerdem bezeichnet er die Siedlungspolitik der israelischen Regierung als "brutal". "Mit einer aggressiven Siedlungspolitik werden Fakten geschaffen, die die Spielräume Palästinas immer mehr einengen."

An beiden Aussagen hat der Vorstand des Landesverbands jüdischer Gemeinden Anstoß genommen. Der Vorsitzende des Landesverbands Oded Horowitz nannte die Aussagen nicht hinnehmbar. Sie hätten bei ihm einen "faden Beigeschmack antizionistischer Stereotype" hinterlassen.

Der Inhalt der Broschüre sei dem Landesverband erst am vergangenen Samstag bekannt geworden nach einem kritischen Medienbericht über die Arbeitshilfe, sagt Geschäftsführer Michael Rubinstein auf Anfrage unserer Redaktion. Am Dienstag - zwei Tage vor Beginn - wurde die Reise endgültig abgesagt.

Zwar hätte Präses Manfred Rekowski im persönlichen Gespräch erklärt, bei dem Text handele es sich nicht um die grundsätzliche Meinung der Landeskirche. Aber eine Distanzierung von dem Artikel sei nach Meinung des Landesverbandes nicht erfolgt. Die Ekir hat als einzige Landeskirche bereits vor einigen Wochen eine Gottesdienst-Arbeitshilfe zum Gedenken an die Gründung des Staates Israels herausgegeben.

Sie veröffentlicht Gottesdienst-Handreichungen als Hilfestellung für ihre Gemeinden zu unterschiedlichen Themen. Darin schlägt sie einen Gottesdienstablauf mit Texten und Liedern vor. Präses Rekowski hatte in der betreffenden Arbeitshilfe ein Vorwort verfasst und darin auch auf unterschiedliche Sichtweisen auf den politischen Konflikt in Israel hingewiesen. Am Dienstag betonte er: "Gerade weil wir in vielen konstruktiven Gesprächen mit unseren jüdischen Partnern festgestellt haben, dass wir bei historischen und politischen Fragen auch unterschiedlicher Meinung sind, haben wir gemeinsam diese Reise nach Israel geplant."

Dass die Reise nun von jüdischer Seite abgesagt wurde, sei sehr traurig, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion aus dem Landeskirchenamt in Düsseldorf. Unter den Teilnehmern der Reise wäre sowohl der leitende Theologe der rheinischen Landeskirche, Präses Rekowski, als auch der Vorsitzende des jüdischen Landesverbands Horowitz gewesen.

Delegationen beider Glaubensgemeinschaften hätten anlässlich der Staatsgründung am Donnerstag gemeinsam nach Israel aufbrechen sollen, um dort das Dorf "Nes Ammim" zu besuchen - eine Begegnungsstätte für Juden, Christen und Muslime im Norden Israels nahe der Grenze zum Libanon. Seit Jahrzehnten ein Ort des Dialogs sowohl zwischen Juden und Christen, als auch zwischen Juden und Muslimen. Rainer Stuhlmann hatte dort sogar fünf Jahre lang als Studienleiter gearbeitet und kennt demnach die Situation vor Ort.

Die jüdische Delegation möchte am Donnerstag trotzdem nach Israel reisen, nur werde man das Dorf nun nicht besuchen. Derzeit arbeite man an einem neuen Reiseprogramm.

(heif)
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