Krefeld Jahrhundertbau vor Schließung

Krefeld · Exakt 100 Jahre nach dem Ratsbeschluss zum Bau des Krefelder Krematoriums wird die Politik am Mittwoch über die Schließung des sanierungsbedürftigen Baus abstimmen. Dieses Desaster hätte verhindert werden können.

 Das Krematorium auf dem Krefelder Hauptfriedhof in einer Aufnahme aus dem Jahr 1921. Jetzt droht die komplette Schließung des knapp 100 Jahre alten Bauwerks.

Das Krematorium auf dem Krefelder Hauptfriedhof in einer Aufnahme aus dem Jahr 1921. Jetzt droht die komplette Schließung des knapp 100 Jahre alten Bauwerks.

Foto: Stadtarchiv Krefeld

Nur zwölf Jahre nach der Komplettsanierung für 1,5 Millionen Euro muss das Krematorium auf dem Krefelder Hauptfriedhof wohl für immer geschlossen werden. Morgen ist der entscheidende Tag für das Bauwerk, das als Buchwert mit 1,4 Millionen Euro bei der Stadt gelistet ist: Im Bauausschuss werden um 17 Uhr Zahlen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt, die Kosten für die Sanierung und künftige Nutzung des 100 Jahre alten Bauwerks darlegt.

 Mit einem Pumpsystem bekämpft die Stadt das Grundwasserproblem im Krematorium.

Mit einem Pumpsystem bekämpft die Stadt das Grundwasserproblem im Krematorium.

Foto: Bastian Königs

Die Zahlen sind am Montag Abend den Fraktionen schriftlich mitgeteilt worden und liegen unserer Redaktion vor. Darin teilt die Verwaltung mit, dass das Krematorium künftig nur noch defizitär betrieben werden könne.

Die meisten Fraktionen signalisierten gestern gegenüber unserer Redaktion bereits, der Schließung zustimmen zu wollen. Exakt 100 Jahre, nachdem der Stadtrat am 9. November 1911 den Bau des Krematoriums beschloss, wird also morgen dessen Ende besiegelt.

Irrtümlich zugemauert

Das Desaster hätte verhindert werden können: Ursprünglich war das Krematorium 1914 im Grundwasser gebaut worden. "Die Bauherren installierten deshalb zwei Horizontaldrainagen und einen Schachtbrunnen, um das Grundwasser fernzuhalten", berichtet Doris Törkel, Leiterin des Grünflächenamtes.

Als dann aber 1999 Sanierungsarbeiten wegen des Bundesimissionsschutzgesetzes für damals drei Millionen D-Mark anstanden, wurden die Drainagen zugemauert. Im Januar 2011 stieg das Grundwasser, Wasser drang in das Krematorium ein — seitdem ist die Anlage stillgelegt.

Es ist das wahrscheinliche Ende eines geschichtsträchtigen Projektes: Der Bau eines Krematoriums war im Rheinland Anfang des vergangenen Jahrhunderts revolutionär, die Kirche sprach sich massiv gegen Feuerbestattungen aus. Dennoch wurde nach dem Ratsbeschluss von 1911 im Jahr 1915 das Krematorium eröffnet: 1917 gab es im Krematorium nur 30 Bestattungen, vor der Schließung aber zuletzt bis zu 1300 pro Jahr.

Nun gibt es drei Alternativen: Neubau, Sanierung oder komplette Schließung. Die Stadt hat für den Bauausschuss die Investitionssummen auf die Kosten pro Einäscherung umgerechnet. Geht man von weiterhin 1300 Einäscherungen pro Jahr in Krefeld aus, so kostete im Falle einer Sanierung jede Einäscherung 520,70 Euro. Falls die Stadt ein neues Krematorium baut, kostete die Einäscherung 1106 Euro. Krematorien in Düsseldorf (289,90 Euro), Duisburg (303 Euro) und Düsseldorf (327,73 Euro) sind jedoch schon viel günstiger. Deshalb kann das Krematorium nicht wirtschaftlich betrieben werden.

Krefeld steht jetzt vor einem großen Problem — wie nutzt man ein wunderschönes Denkmal, das auf einem Friedhof steht?

Termin Der Bauausschuss tagt am Mittwoch, 17 Uhr, im Saal B 44 des Rathauses.

(RP)
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